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Beherzt oder behäbig? Selbst Torjäger Samuel Eto’o (r.) scheint nicht zu wissen, welches Inter heute auflaufen wird.

© AFP

Inter Mailand: Chamäleon in Schwarz-Blau

Inter Mailand gibt in dieser Saison viele Rätsel auf. Ohne Mourinho hat der Champions-League-Gewinner der vergangenen Saison seine Konstanz verloren.

„Wir sind müde und erschöpft“, klagte Inter-Trainer Leonardo am Samstag nach dem glücklichen 1:0-Sieg gegen Cagliari Calcio. Als die Journalisten danach bei ihm Angst vor der wieder erstarkten Mannschaft des FC Bayern diagnostizieren wollten, griff der sonst eher leise Brasilianer auf die Rhetorik seines Vorvorgängers José Mourinho zurück: „Die Bayern werden zittern, wenn sie die Namen meiner Spieler hören.“ So richtig an seine eigenen Worte glauben dürfte Leonardo allerdings nicht.

Zwar sind bis auf zwei Verletzte, Torjäger Diego Milito und Abwehr-Routinier Walter Samuel, all jene Profis dabei, die beim 2:0-Sieg über die Münchner im Champions-League-Finale in der Inter-Elf gestanden hatten. Trotzdem ist das Team vor dem heutigen Achtelfinal-Hinspiel nicht wiederzuerkennen. Mit dem Abschied Mourinhos ist alle Selbstsicherheit verflogen. Mittelfeldmagier Wesley Sneijder tauchte nach dem verlorenen WM-Finale in ein tiefes Erschöpfungstal ab. Milito kehrte gedemütigt, weil kaum von Nationaltrainer Diego Maradona eingesetzt, aus Südafrika zurück.

Der Spanier Rafael Benitez, der das Erbe Mourinhos antreten sollte, ließ alle Bilder des Portugiesen entfernen – doch seine Spieler vergaßen auch die eingeprägten Mechanismen und wirkten psychisch wieder so anfällig wie vor vier Jahren. Einen Tag vor Heiligabend wurde Benitez durch Leonardo ersetzt. Prompt kehrte brasilianische Leichtigkeit ein. „Er hat uns die Freude am Spiel zurückgegeben“, jubilierte Samuel Eto’o. Mit einem „4:2-Fantasie“ getauften System fegte Inter nun über die Gegner hinweg. „Sie tragen das Spiel über die gesamte Breite des Feldes vor. Sie rochieren. Sie kombinieren“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ begeistert. Höhepunkt dieser Phase war das 5:3 gegen Vizemeister AS Rom Anfang Februar.

Als Leonardo fortan angesichts vieler Gegentore die Defensive optimieren wollte, ging dieser Schwung verloren. Inter spielte so träge wie oft zu Benitez’ Zeiten. Mit Leonardo ist zwar das Erfolgsmoment zu Inter zurückgekehrt, den Spielern ist dennoch oft eine grundlegende Verunsicherung anzumerken. Momentan wissen die Mailänder vor Betreten des Spielfeldes selbst nicht, ob sie sich in wenigen Minuten in einen Spielrausch hineinsteigern oder nur behäbig über den Rasen schleichen werden.

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