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Interview: „Der Trend zeigt jetzt nach unten“

Kapitän Michael Ballack spricht über die Lehren aus dem Österreich-Spiel und seine Sorgen vor der EM.

Herr Ballack, wie hat es sich für Sie angefühlt, das erste Länderspiel nach fast einem Jahr?

Es war schön, auf dem Platz zu stehen. Ich wollte unbedingt spielen. Aber man hat auch bei mir gemerkt, dass die Mannschaft nicht hundertprozentig fit ist. Mental war sie, glaube ich, nicht ganz auf der Höhe. Die nötige Konzentration und die Spannung waren nicht da. Das war hier ein kleiner Vorgeschmack auf die Europameisterschaft im Sommer. Ich denke, wir haben das alles hier insgesamt ein bisschen unterschätzt. Und das haben wir zu spüren bekommen. Wir haben zwar gewonnen, aber natürlich kann diese Leistung nicht unser Anspruch sein, wenn wir immer etwas erreichen wollen.

Das war der Startschuss ins EM-Jahr. Ist die Mannschaft weiter gekommen?

Mit diesem Spiel sicherlich nicht. Okay, wenn man schlechtere Spiele wie hier gewinnt, ist das auch ein Zeichen dafür, dass die Cleverness da ist, und die Tore selbst waren auch schön rausgespielt, aber wir haben den Anspruch und die Notwendigkeit, uns im spielerischen Bereich klar zu verbessern. Das war heute nicht der Fall. Aber wir haben seit langer Zeit mit Verletzungssorgen bei wichtigen Spielern zu kämpfen, das steckt keine Mannschaft einfach so weg. Zum Teil sind die, die hier aufgelaufen sind, noch nicht wieder hundertprozentig fit.

Zum Beispiel Sie...

... na ja, ich hatte ja ein paar Probleme mit der Wade, weshalb ich wenig bis gar nicht trainiert habe. Aber das ist bitte nicht als Ausrede zu verstehen. Der eigentliche Fehler von uns war, dass wir einfach die Österreicher unterschätzt haben. Das darf uns nicht passieren.

Was hat denn der Bundestrainer in der Halbzeitpause gesagt?

Viel sagen musste er nicht. Jeder von uns wusste, dass das nichts war in der ersten Halbzeit. Jedem war doch klar, dass das so nicht reichte – läuferisch nicht, gedanklich nicht und auch im Zweikampf waren wir unerklärlicherweise zu weit weg vom Geschehen. Wir mussten in allen Belangen zulegen.

Müssen wir uns Sorgen machen wegen der EM?

Das fragen Sie mich? Ich lese doch immer wieder in den deutschen Zeitungen, dass wir als einer der Topfavoriten gehandelt werden. Aber wenn man das glaubt und nichts dafür tut, dann kriegt man eben auch gegen Österreich Probleme. Das haben wir deutlich aufgezeigt bekommen.

Bis zur Nominierung des EM-Kaders bleibt ein Spiel im März in der Schweiz. Sollte da ein Team auf dem Platz stehen, mit dem man ins Turnier gehen kann?

Ich hoffe es. Aber die Frage ist, wer dann wieder zur Verfügung steht? Der Trainer würde doch auch am liebsten mal seine Wunschformation aufstellen. Wenn mal alle fit sind, hätte man auch mal eine richtige Standortbestimmung.

Beunruhigt Sie das?

Ja natürlich. Bis zur EM bleibt wenig Zeit. Wir haben das ja vor der WM auch erlebt, nur das Italien uns noch gnadenloser bestrafte. Da muss man sich einfach Gedanken machen. Der Trend zeigt jetzt ein bisschen nach unten in den letzten Wochen und Monaten. Wir müssen aufpassen, dass man nichts schön redet, sondern dass man da wieder anfängt, wo wir mit der WM aufgehört haben. Wir müssen einfach darüber reden.

Die Fragen stellte Michael Rosentritt.

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