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Die Alpha-Reiterin. Isabell Werth darf wieder für Deutschland reiten. Foto: dpa

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Nach Doping-Sperre: Isabell Werth - Zurück im Frack

Isabell Werth reitet nach ihrer Doping-Sperre erstmals wieder im Dressurkader.

Satchmo steht, nach keiner perfekten, aber einer guten Runde. Isabell Werth strahlt, klopft ihrem Pferd den Hals. Sie reitet an den Tribünen in Aachen vorbei, winkt dem Publikum zu. Das antwortet mit Applaus; Jubel, anerkennende Pfiffe schallen ihr entgegen. Sie ist wieder da: Isabell Werth reitet in Aachen nach einem Jahr Suspendierung wegen Dopings wieder in der Mannschaft mit.

Es ist ein ordentlicher Neubeginn: Sie heimst mit Satchmo solide 75,836 Prozent ein, das macht Platz vier. Dieser Grand Prix CDIO ist die erste Wertung für den Nationenpreis. Damit hat Werth klar weniger Punkte gesammelt als Sieger Edward Gal, der die Prüfung mit 83,860 Punkten beendete – aber Gal reitet mit seinem Totilas im Moment sowieso in einer Klasse für sich. Dritte wurde die Britin Laura Bechtolsheimer, die stilistisch mit ihrer harmonischen und fairen Reitweise auffiel. Am Tag zuvor, ohne Konkurrenz aus den Niederlanden, gewann Isabell Werth mit Hannes, offizieller Name „Warum nicht?“, den Grand Prix CDI, eine Prüfung für die Zweitpferde der Mannschaftsreiter.

Isabell Werth, 40 Jahre alt, gilt als Dressurkönigin Deutschlands, sie gewann fünfmal olympisches Gold, zehn Mal den Großen Dressurpreis von Aachen und ist so etwas wie das Alphatier der Dressurreiter. Die Aktiven und die Breitensportler zollen ihr Respekt bis Ehrfurcht und das Publikum scheint froh zu sein, dass sie nun wieder da ist. Kurz vor Aachen 2009 wurde bekannt, dass bei Werths Pferd Whisper die Substanz Fluphenazin gefunden wurde, ein Beruhigungsmittel, das auf der Doping-Liste steht und nicht als Medikation einzustufen ist. Werth beteuerte, ihr Tierarzt habe das Medikament zur Behandlung der Zitterkrankheit ihres Pferdes eingesetzt. Werths Konsequenz: Sie beendete die Zusammenarbeit mit ihrem Tierarzt. Ihre Strafe: ein Bußgeld. Zudem wurde sie sechs Monate für Einzelstarts gesperrt und für ein Jahr als Kadermitglied. Wirklich wehgetan hat ihr die Strafe nicht: Die Geldsumme war lapidar, die Suspendierung fiel hauptsächlich in ihre Babypause. Das Wort Comeback mag sie nicht. „Ich bin ja schon seit einigen Monaten wieder im Sattel, daher fühle ich mich nicht, als ob ich gerade neu starte“, sagt Werth. „Ich freue mich, wieder in der Mannschaft zu sein, aber ich habe ja schon zuvor so einige Nationenpreise geritten, das ist nichts Neues für mich.“

Der deutsche Bundestrainer peilt für den Nationenpreis Silber als Ziel an. Welche Ambitionen hat Isabell Werth? „Mein Ziel ist, meine Pferde in Topform zu präsentieren“, sagt sie. „Es ist so: Die Niederländer mit ihren drei hervorragenden Paaren stehen absolut vor uns. Wir können zumindest kaum aus eigener Kraft mit der Mannschaft gewinnen, da wäre es falsch zu sagen, dass wir eine realistische Chance auf eine Goldmedaille haben.“

So streng die Öffentlichkeit mit dem Reitstil der Niederländer umgeht, so milde ist sie mit der stärksten Deutschen: Nur leise hört man ab und an Kritik. Etwa dass die frühe Isabell Werth feiner, vorsichtiger ritt als die späte Isabell Werth. Oder dass Werth ihre Pferde im Hals auch mal sehr tief und eng einstellt – etwas, das die Niederländer mit ihrem System „Long Deep Round“ im Extremen machen, bis dahin, dass das Maul des Pferdes fast die Brust berührt. Wo liegt der Unterschied? Sie löst die Spannung schneller auf, indem sie den Hals wieder strecken lässt. „Das sieht für mich lockerer aus“, sagt Olympia-Trainer Klaus Balkenhol.

Das niederländische Spitzenpferd Totilas, das momentan die ganze Reitsportszene in Bann zieht, möchte Werth nicht mal unter dem Sattel haben: „Das wäre ein Verrat meinen Pferden gegenüber! So wie ich stolze Mutter eines Sohnes bin, bin ich auch stolz auf die Pferde, die ich reite.“

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