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Sport: Jan Ullrich: Mindestens in Sydney-Form

Eine Affäre hat Jan Ullrich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt eingeholt. Eine "Asthma-Affäre".

Eine Affäre hat Jan Ullrich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt eingeholt. Eine "Asthma-Affäre". Unmittelbar vor den Weltmeisterschaften, bei denen der 27-jährige Radprofi in Lissabon sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen zum engsten Favoritenkreis gehört, bläst dem Olympiasieger durch die offiziellen Doping-Ermittlungen in Italien der Wind ins Gesicht. Dennoch fühlt sich Ullrich, laut Manager Wolfgang Strohband im Moment "mindestens in Sydney-Form", nicht gebremst. Der Profi gibt sich locker: "Das interessiert mich nicht. Es gibt keine neue Faktenlage. Meine Asthma-Mittel sind durch den Weltverband sanktioniert."

Das Lager von Team Telekom übt sich jedenfalls in Normalität. "Das schüttelt er ab", gab Ex-Profi und Telekom-Teamsprecher Olaf Ludwig zu Protokoll. Und geht gleich über zum Thema Rennsport: "Jan hat in beiden Disziplinen Medaillen-Chancen." Einen Großteil der vermeintlich härtesten Widersacher hat Ullrich bei den letzten italienischen Testrennen in Lucca und in der Emilia Romagna mit zwei Siegen klar hinter sich gelassen. Der Zeitfahr-Kurs über 39 Kilometer soll im Verhältnis noch schwerer als der Straßen-Parcours über 254 Kilometer und insgesamt 4000 Höhenmeter sein. Aber Ludwig ist sich sicher: "Je schwieriger, desto besser für Jan."

Trotzdem, der Druck ist nicht wegzureden. Und er lässt nicht nach. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist von zwei Präparaten die Rede, die vom Staatsanwalt Luigi Bocciolini in Florenz nach der Doping-Razzia beim Giro am 6. Juni als Gesetzesbruch im Fall Ullrich interpretiert wurden. Es handelt sich um anti-allergisch wirkende Kortekoide und Teophilin, das eine ähnliche Wirkung wie Coffein habe. Ab 15. Oktober - nach der WM - will die Justiz mit Vorladungen beginnen.

Im Zuge der Schlagzeilen trächtigen Giro-Razzia in Italien ermittelt Bocciolini gegen mehr als 50 Radprofis. Die meisten sollen wie Ullrich ärztliche Atteste haben, mit denen sonst verbotene Medikamente legitimiert werden können. Strohband rechnet nicht damit, dass der Zeitfahr-Weltmeister von 1999 direkt vorgeladen wird: "Das erledigt unser Anwalt in Italien." Von einer "reinen Formsache" spricht auch Team-Chef Rudy Pevenage.

Weitere Telekom-Mitglieder sind nach dem Giro ins Fadenkreuz der Ermittler geraten: Zu ihnen zählen der zweifache Etappengewinner Danilo Hondo (Cottbus), Mathias Kessler (Nürnberg) sowie die Italiener Roberto Sgambelluri und Alberti Elli, die das Team zum Saisonende verlassen werden. Sie bekamen schon vor sechs Wochen Post vom Staatsanwalt.

Doch das ist noch nicht alles. Ebenfalls ermittelt wird gegen Telekom-Mannschaftsarzt Lothar Heinrich (Freiburg), bei dem Coffein-Tabletten - nach seiner Aussage zum Eigenbedarf wegen eines "Jetlags" - gefunden wurden, und Ullrichs Berliner Betreuer Dieter "Eule" Ruthenberg.

Staatsanwalt Bocciolini hat inzwischen beim italienischen Radsport-Verband die Eintragungen in die Gesundheits-Pässe von 21 einheimischen Fahrern überprüft. Darin sind auch die attestierten Medikamente notiert. Solche offiziellen Anfragen von italienischer Seite gab es beim Bund Deutscher Radfahrer laut Sportwart Burkhard Bremer bislang nicht. Bislang.

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