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Sport: Japanische Geschichten

Eine Basketball-WM im Zeichen der Exotik

Die Bodenpflege. In Hiroshima ist Dirk Bauermann irgendwann aufgefallen, dass die Basketballmannschaften nicht die einzigen sind, die in der Green Arena trainieren. Der Bundestrainer hat zwei japanische Jungs beobachtet, die einen riesigen Wischer auf das Spielfeld schleppten und hingebungsvoll den Parkettboden schrubbten. „Die üben das richtig“, staunte Bauermann. In den Spielen zeigen die japanischen Wischteams ihr ganzes Können. Hat ein Spieler Schweiß auf den Boden tropfen lassen, warten die beiden Jungs, bis sich das Spiel in die gegenüberliegende Hälfte verlagert, dann sprinten sie zu der leicht benetzten Stelle. Einer zeigt mit dem Finger auf den Ball und beobachtet das Spielgeschehen auf der anderen Seite. Auf diese Weise sichert er seinen Kollegen, der in seinem Rücken fleißig putzt. In den Viertelpausen rennen gleich zwei Wischtrupps von beiden Seiten zur gleichen Zeit auf das Parkett und bieten eine Choreografie der Bodenpflege. Der Untergrund im japanischen Königspalast dürfte nicht besser gepflegt sein. Willkommen in Japan.

Die Entwicklungshelfer. Zwei mannshohe Blumengebinde weisen in der Bahnstation Saitamashintoshin auf die Basketball-Weltmeisterschaft in der nahe gelegenen Super Arena hin. Wer stehen bleibt, erkennt die floristische Nachbildung eines Basketballs. Doch niemand verweilt, die Japaner eilen in ihre riesigen Bürotürme. „Wir hoffen auf den gleichen positiven Effekt, den die Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan hatte“, sagt Florian Wanninger. Der Kommunikationsdirektor des Basketball-Weltverbandes Fiba sitzt in einem Gang der Super Arena und hat die erste Woche der Basketball-WM in Japan hinter sich gebracht. „Man wird erst in zwei, drei Jahren sehen, was diese WM gebracht hat“, sagt Wanninger. Rund 500 000 Japaner spielen Basketball, „Japan ist eines der mitgliederstärksten Länder in der Fiba“, sagt Wanninger. Doch es gibt noch keine Profiliga.

Die WM soll den Stellenwert des Basketballs als Zuschauersport steigern. Doch im Gegensatz zu den japanischen Fußballern vor vier Jahren ist das heimische Basketballteam bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Ein Mitarbeiter reicht Wanninger einen Zettel, auf dem die aktuellen Kartenverkaufszahlen für die Finalrunde in der Super Arena notiert sind. Bisher hat der Kommunikationsdirektor geglaubt, die 22 000 Zuschauer fassende Arena sei fast ausverkauft. Die aktuellen Zahlen melden das Gegenteil. Nur 5000 bis 7000 Tickets sind verkauft, steht auf seinem Zettel. Wanninger hofft auf einen Übersetzungsfehler. Er sagt: „Wahrscheinlich sind noch so viele Tickets verfügbar.“ Bei den Achtelfinals am nächsten Tag ist die riesige Halle nur zur Hälfte gefüllt.

Die fernöstliche Erfahrung. „Es nervt“, sagt Dirk Nowitzki, „man bekommt von dieser Weltmeisterschaft überhaupt nichts mit, kein Spiel wird im Fernsehen gezeigt“. Der deutsche Nationalspieler hat in seinen Hotelzimmern vergeblich jenen japanischen Pay-TV-Sender gesucht, auf dem die WM übertragen wird. Die fernöstliche Erfahrung ist für die deutschen Nationalspieler ohnehin mit Schwierigkeiten verbunden. Um sechs Uhr morgens haben sie am Freitag Hiroshima verlassen, um 13 Uhr treffen sie in Urawa im Hotel „Royal Pines“ ein. Als sie ihre Zimmer beziehen wollen, dürfen sie das nicht. In japanischen Hotels checkt man erst ab 15 Uhr ein. Die nächsten Stunden verbringen sie in der Lobby und im Restaurant.

In Hiroshima haben die deutschen Nationalspieler in unmittelbarer Nähe des A-Bomb-Domes gespielt. Das ist eine denkmalgeschützte Ruine, die an den Atombombenabwurf vom 6. August 1945 erinnern soll. Doch von der traurigen Stadtgeschichte bekommen die deutschen Nationalspieler nicht viel mit. Nur an einem Abend haben sie frei. „Wir sind essen gegangen“, berichtet Guido Grünheid, „manche waren bei McDonald’s“.

Die wahre Leidenschaft. Nach dem letzten WM-Spiel in Hiroshima packen die Händler vor der Green Arena ihre Sachen zusammen. Die japanischen Trikots sind ausverkauft, Hosen und T-Shirts gibt es noch. Plötzlich rennen einige Japaner aufgeregt in eine Richtung, sie haben einen Star entdeckt. Dirk Nowitzki? Pau Gasol? Bei einem klein gewachsenen Japaner bleiben sie stehen und verlangen nach Autogrammen. Er hat mit den Hiroshima Carps im benachbarten Stadion gespielt, seine Karpfen haben 3:2 gewonnen. „Gegen Baseball kommen wir nicht an“, sagt Florian Wanninger, „das ist illusorisch“.

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