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JOSÉ MOURINHO und die EM: Das Turnier bin ich

Es gibt nur eines, was José Mourinho, Trainer des spanischen Meisters Real Madrid, mehr hasst als den Erfolg anderer: wenn andere sich in seinem Erfolg sonnen. Dann kann man sich in ein Café setzen, schon mal etwas zu trinken bestellen und ganz in Ruhe auf die Zeitung warten, in der er die Sache klarstellen wird.

Es gibt nur eines, was José Mourinho, Trainer des spanischen Meisters Real Madrid, mehr hasst als den Erfolg anderer: wenn andere sich in seinem Erfolg sonnen. Dann kann man sich in ein Café setzen, schon mal etwas zu trinken bestellen und ganz in Ruhe auf die Zeitung warten, in der er die Sache klarstellen wird. Am Samstagmorgen war es endlich soweit. „Spanien ist nicht nur Barcelona!“, ließ er vor dem Viertelfinale gegen Frankreich in der „Marca“ verlauten. Ein einfacher, fast naiver Satz. Denn natürlich gibt es da noch Valencia, Sevilla, Bilbao, Malaga und Madrid, jene Stadt, die vor allem dafür bekannt ist, dass Mourinho dort zu arbeiten sich nicht zu schade ist.

Das weiß doch jedes Kind! Und dennoch musste er in der ihm eigenen Mixtur aus Genervtheit und Herablassung diesen Satz sagen. Andernfalls wäre den Leuten wohl in Erinnerung gerufen worden, dass es Madrid gibt, weil dort ein berühmter Trainer vor Wut geplatzt ist. Wie konnten sie bloß vergessen, welchen Anteil er am Erfolg der spanischen Nationalmannschaft hat? Ja, am Erfolg ALLER Mannschaften bei dieser EM? „Spanien ist nicht nur Barcelona“, sagte er. Europa bin vor allem ich, meinte er.

Trotz dieser Hybris: Man muss dem Mann ja beipflichten. Er ist der Vordenker jener Ultradefensive, mit der Chelsea im Mai die Champions League gewann und die auch bei der EM als Gegenentwurf zum Tiki-Taka reüssiert. Beim 1:1 gegen Spanien spielte Italien fast genauso wie Inter Mailand 2010 gegen den FC Barcelona und den FC Bayern. Am Ende gewann auch Inter die Königsklasse. Trainer war, wer sonst: Mourinho.

Zudem stehen zehn Spieler aus seinem aktuellen Kader bei Real Madrid mit ihren Nationalmannschaften im Halbfinale: Mesut Özil und Sami Khedira mit Deutschland, Cristiano Ronaldo, Pepe und Fabio Coentrao mit Portugal, Iker Casillas, Xabi Alonso, Sergio Ramos, Alvaro Arbeloa und Raul Albiol mit Spanien. Insgesamt haben sie sieben Tore erzielt, eine bessere Bilanz kann kein anderer Klub vorweisen. Es waren Treffer, spätestens in der Runde der letzten acht, die davon zeugten, dass die Schützen unter dem Einfluss Mourinhos stehen, eines Trainers, der allein über die Kraft der Suggestion aus guten Spielern überragende machen kann. Wenn er an sie glaubt, glauben sie auch an sich.

Vor allem Khediras Volleytreffer zum 2:1 gegen die Griechen war eine solche Demonstration der Willensstärke und Selbst- sicherheit. Zur rechten Zeit am rechten Ort, ohne die Flatter zu kriegen. Ein Khedira-Tor, ein Mourinho-Tor. „Er ist der beste Vereinstrainer der Welt“, schwärmt der Schüler über den Lehrer.

Schade, dass er „Vereinstrainer“ sagte. Sonst müsste Joachim Löw jetzt nachziehen: „Khedira ist nicht nur Mourinho!“ Es wäre ein interessantes Duell geworden. Dirk Gieselmann

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