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Sport: Jubel und Trauer

Leah Rödl war fixer als ihre Oma. Als das Telefon klingelte, schnappte sich die Vierjährige gestern Mittag den Hörer und verkündete: „Mama ist im Krankenhaus, Papa schläft.

Leah Rödl war fixer als ihre Oma. Als das Telefon klingelte, schnappte sich die Vierjährige gestern Mittag den Hörer und verkündete: „Mama ist im Krankenhaus, Papa schläft.“ Eine halbe Stunde später war Henrik Rödl zwar wach, klang aber reichlich angeschlagen nach der nächtlichen Meisterfeier in der Diskothek Annabell’s. „Wie lang es ging, möchte ich gar nicht in der Zeitung lesen“, sagt der Kapitän von Alba Berlin, „in so eine Saison geht viel Arbeit und Energie, wenn man dann loslassen kann, tut man das auch.“ Rödl begoss nicht nur seinen sechsten Meistertitel in Folge, sondern auch die Geburt seines Sohnes Elias, der am Samstagmorgen um sechs in Berlin auf die Welt gekommen war. Der 33-Jährige litt in Köln in seinem Hotelzimmer mit, als seine Frau in den Kreißsaal kam; als acht Stunden später das Finale begann, „war ich ein bisschen müde und durchgedreht“. Um 20 Uhr landete die Mannschaft nach dem 69:68 nach Verlängerung bei Rhein Energy Cologne am Flughafen Tegel, Rödl stürmte als Erster heraus und fuhr direkt ins Krankenhaus. Glücklich und erwartungsvoll.

Auch Dejan Koturovic ließ das Abendessen mit der Mannschaft ausfallen. Er wollte weinen und trauern. Sein schwer zuckerkranker Vater starb am Samstag, dem Tag von Albas Triumph. „Wir waren auf dem Weg von Köln zum Düsseldorfer Flughafen und haben im Bus gesungen, als Dejan einen Anruf von seinem Bruder bekam“, sagt Trainer Emir Mutapcic, „Dejan hat geweint, aber er hat gesagt, „Jungs, ich hab’ das erwartet, wenn ihr feiern wollt, dann tut es.’ Er ist dann mit zwei Freunden nach Hause gefahren.“ Gestern, als die Mannschaft sich in der Max-Schmeling-Halle 2000 Fans präsentierte, war Koturovic bereits bei seiner Familie in Belgrad. Das Schicksal seines Centerspielers bedrückte auch Mutapcic, der zunächst mit Präsident Dieter Hauert und Vizepräsident Marco Baldi ein paar Gläschen Wein getrunken hatte, ehe er gegen halb drei Uhr morgens in der Disco erschien – allerdings nicht lange blieb.

Mutapcic tanzte nicht, „ich habe in Köln an der Seitenlinie genug getanzt“, sagt er. Baldi hingegen schob sich völlig losgelöst mit Albas tschechischem Center George Zidek übers Parkett. Ein wunderbares Paar: Zidek ist 2,13 Meter groß, Baldi 1,81 Meter. „George ist in die Knie gegangen, ich habe mich auf die Zehenspitzen gestellt“, erzählt Baldi. Die Feierei geht übrigens noch weiter: Mutapcic wird heute 42 Jahre alt. Helen Ruwald

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