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Sport: Kampf den Türstehern

Wie ein Bremer Geschäftsmann in die Formel 1einsteigen will

Berlin. In einem Rennwagen gesessen hat er noch nicht. Er hat auch noch nie an einem herumgeschraubt. Trotzdem gehört Oliver Behring quasi schon zum Inventar der Formel 1. Als Geschäftsführer des neuen Teams „German Grand Prix Racing“ (GGPR) will er ab der Saison 2004 endgültig auch am Renngeschehen teilnehmen. „Wir werden 2004 definitiv beim ersten Rennen starten“, sagt er.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Bremer Geschäftsmann, dessen Firma mit Investitionsbeteiligungen handelt oder Tankschiffe baut, den Anschluss an die Grand-Prix-Szene sucht. So versuchte er schon 2001, Prosts Rennstall durch eine Investition vor dem Ruin zu retten – allerdings erfolglos. Ähnlich erging es ihm Ende 2002 mit Arrows. Nun also versucht er es ganz allein. Oder fast. Wie schon bei Arrows soll auch diesmal ein potenter Geldgeber im Hintergrund die Fäden ziehen. Es ist der gleiche ominöse Scheich, der allerdings noch immer weder Namen noch Gesicht hat und dessen anscheinend unermessliches Vermögen Arrows auch nicht vor der Pleite bewahrte.

Aber ob ominös oder nicht: Der Scheich ist offenbar auf den Geschmack gekommen. So sehr, dass er die 48 Millionen Dollar Kaution beim Motorsport-Weltverband Fia hinterlegen will, um ein eigenes Team ins Rennen zu schicken – eben „GGPR“. Auch er, so er denn tatsächlich existiert, wird jedoch wissen, dass es damit nicht getan ist. Man muss ein Auto bauen, man muss es testen, man muss Ingenieure und Fahrer einstellen, man braucht eine Firmenzentrale. Das kostet. „Finanzielle Mittel sind sekundär“, sagt Behring. „Wir sind bis Ende 2004 ausfinanziert, auch dann, wenn wir keine Punktprämien erhalten.“

Und noch etwas unterscheidet Behring von möglichen Kollegen wie Flavio Briatore von Renault. Behring ist ein echter Formel-1-Fan. Er kennt sich aus in der Szene. Auch deshalb relativiert er die Aussage, sein Team werde „definitiv an den Start gehen“ später. Denn die Formel 1 ist wie ein Disko-Besuch: Wer genügend Geld hat, kommt manchmal trotzdem nicht rein, weil dem Türsteher das Gesicht nicht gefällt. Und die Formel 1 hat sehr viele Türsteher: Fia-Chef Max Mosley, die Teambesitzer, Grand-Prix-Chef Ecclestone. Vor allem aber steht Behring extrem unter Zeitdruck. Er hat gerade mal zehn Monate, um ein komplettes Team aufzubauen. Nicht wenige halten das für illusorisch, geradezu schwachsinnig. Toyota, der letzte Neueinsteiger, hatte eine dreijährige Vorbereitungszeit gebraucht. „Unser Zeitplan ist eng, aber realisierbar“, sagt Behring. Er will das Auto anders als Toyota nicht selbst entwickeln, sondern Teile von anderen Teams kaufen und zu einem Wagen zusammensetzen.

Mit dem Zusammenschrauben diverser Komponenten gibt sich Behring nicht zufrieden. Noch bevor das Auto gebaut ist, denkt er schon an dessen Weiterentwicklung. Ein Windkanal soll her, um das Chassis zu verbessern. Nicht einmal alle etablierten Teams haben sich bisher dieses sündhaft teure Accessoire geleistet. Klar, das kostet ein Heidengeld, gibt Behring zu, aber „wir verstehen uns als Partner des Chassislieferanten. Wir müssen gemeinsam besser werden.“

Bei der Fia hält sich die Begeisterung in Grenzen. „Wir werden im Dezember das Starterfeld für die Saison 2004 bekannt geben“, heißt es in der Fia-Zentrale. Zwar hat Fia-Chef Mosley immer wieder betont, die Formel 1 solle wieder mehr auf loyale Garagenteams statt auf wankelmütige Automobilhersteller setzen. Trotzdem wird er das Konzept und die Vorgeschichte Behrings und seines unbekannten Mitstreiters genaustens überprüfen, um sich ein Fiasko wie bei den Auftritten der Teams Forti, Pacific oder Andrea Moda zu ersparen. Deren furchtbar langsamen Autos waren nur peinlich.

Das soll „GGPR“ nicht passieren. Keine Peinlichkeiten, „wir wollen in der ersten Saison nur ins Ziel kommen“, sagt Behring. „Alles andere wäre größenwahnsinnig.“

Christian Hönicke

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