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Sport: Kampf ums Doping

Die Wada streitet um Personen und ihre Richtung

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Berlin - Es war ein Arbeitstag, den Richard Pound nicht so schnell vergessen wird. Zuerst legte die Welt-Anti-Doping- Agentur (Wada), dessen Vorsitzender Pound ist, am Dienstag einen neuen Code vor, mit dem er selbst noch nicht rundweg zufrieden ist. Nur wenige Stunden später verkündete sein Stellvertreter Jean-François Lamour sowohl die Aufgabe seiner jetzigen Position als auch den Rückzug von der geplanten Kandidatur um den Vorsitz. Ist die Wada trotz neuer Anstrengungen im Kampf gegen Doping in der Krise? Das nicht unbedingt, heißt es in internationalen Funktionärskreisen. Doch wieder einmal zeige sich, dass die Sportwelt in zwei Welten geteilt sei – in jene, die mit strengeren Sperren und finanziellen Strafen gegen Doper vorgehen wollen und jene, die die Regeln nicht noch weiter verschärfen möchten, da sich noch nicht einmal alle Länder und Verbände an die bestehenden halten würden.

Ein Symbol für diese Unterschiede ist für viele der plötzliche Rückzug von Lamour. „Das überrascht mich schon“, sagte Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), dem Tagesspiegel. „Ich hätte von einem Fechter erwartet, dass er sich dem Kampf stellt.“ Lamour nannte als Begründung für seinen Rückzug die Kandidatur seines australischen Kontrahenten John Fahey, dessen Chancen er deutlich besser sieht. „Gegen diese Mehrheit habe ich keine Chance“, sagte der frühere Sportminister von Frankreich. Europa verfügt in der Exekutive nur über fünf von 18 Stimmen. Nach Meinung des deutschen Spitzenfunktionärs Bach hätte der Franzose aber durchaus zusätzliche Stimmen gewinnen können. „Der Australier Fahey ist mir jedenfalls im Kampf gegen Doping noch nicht aufgefallen.“

Die Schwierigkeiten der Fraktion, die in der Wada eine harte Linie vertritt, zeigt sich aber nicht nur bei der Wahl zu ihrem Vorsitzenden. Auch bei der Formulierung der neuen Dopingregeln, die am 1. September 2009 in Kraft treten sollen, ist eine Aufweichung der Regeln der Preis für eine Internationalisierung. Kernpunkt des neuen Wada-Codes ist der flexiblere Umgang mit einzelnen Dopingfällen. So können sich die Strafen je nach Härte der Vergehen auf einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu vier Jahren belaufen. Weiterhin ist die Kronzeugenregelung, in der dem Betroffenen bis zu zwei Drittel seiner eigentlichen Strafe bei Nennung der Hintermänner erlassen wird, Bestandteil des neuen Codes.

Experten sind sich über den Fortschritt gegenüber der alten Regelung einig, dennoch gehen die Vorschläge vielen nicht weit genug. „Auch in der Wada hat man mit Machtblöcken zu kämpfen“, sagt Helmut Digel, Leiter des Instituts für Sportwissenschaft an der Universität Tübingen. Digel, der selbst an der „langst überfälligen“ Reformierung des Codes beteiligt war, fordert nun die Gründung einer Lobbygruppe, um bis zum endgültigen Beschluss der neuen Regelung im November noch stärkere Sanktionen für Dopingsünder durchzusetzen. „Ich sehe die Möglichkeit, dass wir Änderungen einbringen“, sagt Digel. Für eine unabdingbare Erneuerung hält er die Festlegung von finanziellen Bestrafungen bei Dopingvergehen. „Geld ist eine Sprache, die jeder versteht“, sagt Digel. Die Rückzahlung von Jahresgehältern bei unerlaubter Leistungssteigerung wurde auch im Vorfeld der Tour de France von den Veranstaltern in Ehrenerklärungen festgehalten. Unklar ist aber, ob diese einer rechtlichen Überprüfung stand halten würden. Immerhin macht sich auch die juristische Kommission im Internationalen Olympischen Komitee für Finanzsanktionen stark.

Auch die angestrebte Kronzeugenregelung bedarf einer Klarstellung. „Es muss deutlich werden, bei welchen Aussagen eine Strafmilderung in Frage kommt“, fordert der Heidelberger Sportwissenschaftler Gerhard Treutlein. Nicht jede Aussage führe auch zur Belastung von Hintermännern des Geschäfts mit dem Doping. Angesichts der unterschiedlichen Ansichten im Anti-Doping-Kampf werden diese Verbessrungen aber ein langwieriges Geschäft. „Mit der Unvollkommenheit müssen wir in dem Fall leben.“

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