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Auch ein Modell. Der bisherige Kapitän Peter Niemeyer - hier im Derby gegen Union im vergangenen September.

© dpa

Kapitänsfrage bei Hertha: Das Fünf-Euro-Problem

Am Freitag verkündet Herthas Trainer Jos Luhukay, welcher Spieler die Mannschaft als Kapitän führen wird. Die einfachste Variante wäre, Peter Niemeyer im Amt zu belassen.

Die Kapitänsbinde ist bei Hertha BSC eigentlich nicht viel wert. 4,95 Euro kostet sie nur im Online-Fanartikelshop des Bundesligisten, in Einheitsgröße, mit Klettverschluss und überraschender Wendung: Die eine Seite zeigt die rot-weiße Landesflagge mit Berliner Schwarzbär, die andere, blau-weiß gehalten, das Vereinslogo, Kennern auch als „Fahne pur“ geläufig.

Dennoch wird in der Öffentlichkeit viel Wert auf die Entscheidung gelegt, welcher Fußballer der neue Hertha-Kapitän wird und die Binde gratis gestellt kriegt. Trainer Jos Luhukay lässt den Spielführer auch in diesem Jahr nicht von der Mannschaft wählen, sondern bestimmt ihn selbst. Seine Entscheidung gibt er am Freitag bekannt, auf der Pressekonferenz vor dem ersten Pflichtspiel, das habe er immer so gehalten. „Ich habe die Entscheidung für mich schon getroffen“, sagte er am Mittwoch auf Nachfrage, „aber den Spielern noch nicht mitgeteilt.“ Sonst stehe die Nachricht ja möglicherweise schon vorher in der Zeitung. Seine Wahl könnte dennoch vor Freitagmittag über gewisse Kanäle durchsickern. Die ganze Geheimniskrämerei und Aufregung um die Fünf-Euro-Binde zeigt, dass die Entscheidung durchaus Konfliktwert birgt.

Denn Luhukays Wahl ist gar nicht so einfach. Eigentlich hatte er in Peter Niemeyer einen Kapitän, der seine Aufgabe in der vergangenen Saison tadellos erledigte. Wort- und gestenreich feuerte der 29-Jährige die Mitspieler auf und neben dem Platz an, der Zusammenhalt in der Mannschaft war gut.

Doch zuletzt deutete sich an, dass Luhukay nicht mehr auf Niemeyer als Stammspieler setzt. Auf seiner Position im defensiven Mittelfeld hat er in Hajime Hosogai, Fabian Lustenberger und Peer Kluge starke Konkurrenz. Niemeyer trainierte und spielte in der Vorbereitung oft mit der vermeintlichen B-Elf. Der Kapitän nur auf der Bank – ein Aufschrei, der sich jetzt schon voraussagen ließe.

Um den zu entgehen, könnte Luhukay einem unumstrittenen Spieler die Binde geben. Fabian Lustenberger etwa. Der 25-Jährige, seit 2007 bei Hertha, ist trotz oder gerade wegen seiner jugendlichen Art angesehen in der Mannschaft. Aber der Schweizer hatte zuletzt Fitnessrückstände und es ist offen, ob er nicht doch auf der Bank landen könnte. Unumstritten ist Torwart Thomas Kraft. Aber Luhukay legte sich auf Nachfrage bereits fest, dass er wieder einen Feldspieler als Kapitän sehen will. Bliebe noch Peer Kluge. Der 32-Jährige war vergangene Saison Stellvertreter, auch weil Luhukay einen Neuzugang nicht gleich zum Kapitän ernennen wollte. Einen Stammplatz dürfte Kluge sicher haben, wenn Luhukay nicht überraschend anders plant.

Aber Kluges Ernennung könnte zu einem anderen Problem führen: Wie kommt es an bei den Spielern, die schon länger bei Hertha sind, wenn zum Saisonstart nicht nur alle vier Neuzugänge in der Startelf stehen sollten, sondern auch noch die Kapitänsbinde an einen weiteren Wunschspieler Luhukays ginge?

Die einfachste Variante scheint daher, Niemeyer als Kapitän zu bestätigen. Dass ein Kapitän nicht jedes Spiel von Beginn an bestreiten muss, zeigt das Beispiel Sebastian Kehl bei Borussia Dortmund. Die Binde trägt dann eben der Vertreter, der auf dem Platz steht. Anderseits kann es der Autorität schaden, wenn jemand in der Kabine den Ton angeben will, der wochenlang nicht gespielt hat. Wichtig ist es, dass der Kapitän sich wichtig fühlt, beim Trainer und in der Mannschaft. Niemeyer die Binde wegzunehmen, das sähe so aus, als würde Luhukay ihn demontieren.

Auf die Debatte Kapitän = Stammspieler lässt sich Luhukay auch nicht ein. „Ein Kapitän muss Leistung bringen wie jeder andere auch in der Mannschaft“, sagte er viel- wie nichtssagend.

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