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Untröstlich. Mats Grambusch (links) nach seinem Fehlschuss im Halbfinale gegen England.

© dpa/Federico Gambarini

Kapitän Grambusch wird zur tragischen Figur: Die Hockey-Männer scheitern im EM-Halbfinale

Ausgerechnet der Kapitän, ausgerechnet in seiner Heimatstadt: Weil Mats Grambusch als Einziger im Penalty-Shootout scheitert, verpassen die Hockey-Männer das EM-Finale.

Es sah ganz so aus, als hätten sie bei der deutschen Hockey-Nationalmannschaft tatsächlich genau die richtige Entscheidung getroffen. Als es um alles oder nichts ging, übernahm der Kapitän die Verantwortung. Mats Grambusch stand bereit – zum zehnten von zehn Penaltys.

Alle neun Versuche zuvor waren im Tor gelandet, zum Teil mit einer erstaunlichen Souveränität. Nun war es an Grambusch, die Niederlage des Gastgebers im Halbfinale der Europameisterschaft in Mönchengladbach zu verhindern.

Der gebürtige Mönchengladbacher dribbelte auf James Mazarelo zu, der eigens für das Shootout eingewechselt worden war. Grambusch wandte dem englischen Torhüter den Rücken zu, bog nach links ab, verzögerte den Schuss, machte noch einen Schritt nach links. Der Winkel wurde immer spitzer. Zu spitz. Der Ball landete im Aus.

Aus und vorbei. Die deutschen Hockey-Männer haben am Freitagabend – genauso wie die Frauen tags zuvor – den Einzug ins EM-Finale verpasst. Nach einem 0:0 in der regulären Spielzeit unterlagen sie England im Penalty-Shootout mit 4:5. Statt gegen die Niederlande um Gold spielen die Deutschen nun am Sonntag (12.30 Uhr) gegen Belgien um Platz drei.

Mir hat es das Herz zerrissen.

Mats Grambusch über seinen Fehlschuss

„Katastrophe, scheiße, schuldig – so fühle ich mich“, sagte Mats Grambusch. „Mir hat es das Herz zerrissen, hier in meiner Heimatstadt einen Penalty zu verschießen und die Mannschaft nicht ins Finale zu bringen. Das tut wahnsinnig weh.“

Der Traum, im selben Jahr sowohl Welt- als auch Europameister zu werden, bleibt damit für die Deutschen unterfüllt. Bundestrainer André Henning erkannte gleich nach dem Ende des Halbfinals „viele gebrochene Herzen hier“.

Zehn Jahre warten die Deutschen nun schon auf den EM-Titel. Im konkreten Fall bedeutet das auch: Wie die Frauen, so müssen auch die Männer im Januar an einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2024 in Paris teilnehmen. Als Europameister wäre ihnen dieser Umweg erspart geblieben.

Dabei schien im Halbfinale gegen England zunächst alles für die Deutschen zu laufen. Nach einer zurückhaltenden Anfangsphase beider Teams im ausverkauften Hockey-Park landete der erste Torschuss des Spiels gleich im Tor. Justus Weigand traf in der achten Minute mit der argentinischen Rückhand zum vermeintlichen 1:0. Doch der Treffer zählte nicht, weil die Schiedsrichter entschieden, dass Johannes Große den Freischlag zuvor von der falschen Stelle ausgeführt hatte.

Die große Chance kurz vor Schluss

Dieses frühe Tor hätte den Deutschen vermutlich in die Karten gespielt. So aber konnten die defensivstarken und physisch robusten Engländer ihr Spiel weiterspielen. Die Deutschen taten sich schwer, zu klaren Chancen zu kommen. „England hat eine absolute Weltklasseleistung, insbesondere defensiv, hingelegt“, sagte Henning. Auch sein Team habe viele Sachen richtig gut gemacht, allerdings „selten Weltklasse“ geboten.

Zwei Minuten vor dem Ende hatte Hannes Müller die große Gelegenheit, sein Team ins Finale zu schießen. Doch in aussichtsreicher Position kurz vor dem englischen Tor brachte er nicht genügend Wucht in seinen Abschluss. Das Penalty-Shootout musste entscheiden.

Im Januar, im Viertelfinale der WM in Indien, hatten die Deutschen dabei noch das bessere Ende für sich gehabt. Diesmal war es umgekehrt.

Dass ausgerechnet der Kapitän und ausgerechnet in seiner Heimatstadt als einziger Schütze scheiterte, „das ist eine tragische Geschichte, die nur der Sport schreibt“, sagte Bundestrainer Henning über den Fehlschuss von Mats Grambusch. „Mats ist ein fantastischer Kapitän, so ein toller Mensch und ein Weltklasse-Hockeyspieler.“ Am Freitagabend aber war er einfach nur frustriert.

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