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Zurück am Anfang. Drei Kameras entgeht nicht, dass Michael Schumacher die Stätte seines Karrierebeginns betritt. Foto: Reuters

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Sport: Karrierestart mit Reizgas

Vor 20 Jahren fuhr Michael Schumacher in Spa sein erstes Rennen in der Formel 1

Im Grunde hat Michael Schumacher den Start seiner Formel-1-Karriere einer Dose Reizgas und einer Lüge zu verdanken. „Das war schon bizarr“, erinnert sich Eddie Jordan, der sein erster Teamchef in der Formel 1 war. „Eine Woche vor Spa wurde unser Stammfahrer Bertrand Gachot in England zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er sich in London mit einem Taxifahrer angelegt und dabei auch eine Dose mit Reizgas benutzt hatte.“ Als Gachot zur Überraschung des Jordan-Rennstalls tatsächlich ins Gefängnis gesteckt wurde, musste Eddie Jordan innerhalb von zehn Tagen einen neuen Fahrer finden. Erst versuchte er Keke Rosberg zu überzeugen, dann holte er sich von Stefan Johansson eine Absage. „Dann bin ich meine Listen durchgegangen und auf den Namen Michael Schumacher gestoßen.“ Von dem er dann erst einmal angelogen werden sollte.

Vor exakt 20 Jahren begann in Spa die große Formel-1-Karriere des Michael Schumacher. An diesem Wochenende kehrt er zurück an die Stätte, an der alles begann. Eddie Jordan erinnert sich gerne an die ungewöhnlichen Umstände, die Schumacher exakt ein Rennen für seinen Rennstall fahren ließen.

Über einen Kontaktmann sprach er mit Willi Weber, Schumachers damaligen Manager. Über Sauber, Schumachers Sportwagenteam, könne man an Mercedes-Geld kommen, stellte ihm Willi Weber in Aussicht. „Wir waren damals neu in der Formel 1, wir brauchten dringend Geld“, erinnert sich Eddi Jordan, „also hab ich gedacht, okay, schaue ich mir den halt mal an.“

In seinem Gespräch mit Michael Schumacher drehte sich alles um eine entscheidende Frage. „Bist du schon mal in Spa gewesen?“ fragte Eddie Jordan, „und er hat mir gesagt, ja!“ Wörtlich stimmte das vielleicht, dort gewesen war er schon, schließlich ist die Strecke nur eine gute Autostunde von Kerpen entfernt. Aber gefahren war Schumacher dort noch nie. „Hätte ich das gewusst, hätte ich ihn nie fahren lassen“, sagt Jordan heute.

Erst Jahre später erfuhr er, dass er angelogen worden war. „Ich habe damals nicht weiter nachgefragt, wir waren unter extremem Zeitdruck.“ Am Sonntagabend rief er Schumacher an und sagte: „Okay, du bist drin.“

So bekam Schumacher am Dienstag vor Spa die Chance, den Jordan in Silverstone zu testen – was früher alles möglich war. „Ich war damals im Büro und bekam einen Anruf von unserem Teammanager“, erinnert sich Eddie Jordan, „er sagte, etwas Merkwürdiges muss auf der Strecke sein, wir fahren Zeiten, die gibt’s gar nicht.“ Er habe ihm gesagt, er solle mal sehen, ob vielleicht das Streckenlayout geändert wurde. Doch nichts dergleichen war passiert – Michael Schumacher war nur auf Anhieb gnadenlos schnell.

Was er dann mit dem siebten Platz im Qualifying bestätigte. Das erste Rennen aber endete für Schumacher wegen eines Kupplungsdefekts schon nach wenigen hundert Metern. Im nächsten Rennen in Monza saß Schumacher schon im Benetton, „weil Bernie Ecclestone das so wollte“, sagt Jordan, „er wollte einfach aus kommerziellen Gründen einen Deutschen in einem Top-Team haben.“ Briatore habe ihn gar nicht wirklich gewollt, er hatte eigentlich Piquet im Auge. „Bernie musste ihm Michael regelrecht aufzwingen“, sagt Jordan.

Später konnte Jordan nur bewundernd auf die Schumacher-Karriere blicken: „Mit sieben Titeln ist er für mich der größte Champion überhaupt.“ Und was sagt er zu Schumis jetzigen Leistungen? Jordan wird vorsichtig: „Ich glaube, bis jetzt hat er noch nicht wirklich Kratzer in sein Image bekommen. Aber er hat seine ganz große Ära gehabt und muss halt doch aufpassen, dass er nicht den richtigen Zeitpunkt für seinen Rücktritt verpasst.“

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