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ausländische Arbeiter auf einer der WM-Baustellen in Katar.

© dpa

Katar: Deutlich mehr Todesfälle auf WM-Baustellen

Offensichtlich sind deutlich mehr Arbeiter in Katar ums Leben gekommen als bisher angenommen – allein 382 Nepalesen seit 2012. Die Fifa fordert nun bessere Arbeitsbedingungen vom Gastgeberland der Fußball-WM 2022

Der Fußball- Weltverband Fifa hat nach Bekanntwerden weiterer Todesfälle auf WM-Baustellen in Katar vom Gastgeber der Weltmeisterschaft 2022 bessere Arbeitsbedingungen gefordert. „In Katar müssen zügig und dauerhaft durchweg faire Arbeitsbedingungen eingeführt werden, und zwar auf einer nachhaltigen Basis“, teilte die Fifa am Samstag mit und reagierte damit auf einen Bericht der britischen Zeitung „The Guardian“. Das Blatt berichtete, dass beim Bau der Einrichtungen für die WM in acht Jahren in Katar deutlich mehr Arbeiter ums Leben gekommen seien als bislang bekannt.

Die Fifa arbeite „auf eine Dringlichkeitslösung hin“, hieß es. Laut „Guardian“ starben im Jahr 2013 allein 185 Menschen aus Nepal, in den vergangenen zwei Jahren seien bei Arbeiten in Katar 382 Nepalesen umgekommen. Im September hatte der „Guardian“ bereits berichtet, dass zwischen 4. Juni und dem 8. August insgesamt 44 nepalesische Gastarbeiter auf den WM-Baustellen wegen Herzversagens oder Arbeitsunfällen als Folge der katastrophalen Bedingungen gestorben waren.

Auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist aufgeschreckt. Die UN-Sonderorganisation prangert offen die „Missstände“ an, wie der ILO-Sprecher Hans von Rohland dem Tagesspiegel am Samstag in Genf bestätigte. Das Regionalbüro der ILO in Beirut habe an die zuständigen Stellen in Katar vor gut zwei Wochen einen Brief gesandt. Darin habe die ILO die Kataris aufgefordert, zu den Arbeitsbedingungen Stellung zu beziehen. Sie sollten darlegen, wie sie die Lage verbessern wollen.

Der „Guardian“ beruft sich auf offizielle Dokumente. Ein Sechstel der in dem Emirat tätigen zwei Millionen Gastarbeiter kommen dem Blatt zufolge aus Nepal. Die Todesraten unter Arbeitern aus anderen Nationen seien noch nicht bekannt. Somit könnte die Zahl der tatsächlichen Todesfälle auf den Baustellen für die WM deutlich höher liegen. Die Regierung von Katar habe eine offizielle Untersuchung eingeleitet.

Reportage: Unterwegs mit einem Gastarbeiter in Katar

„Die Anwendung internationaler Verhaltensnormen ist ein Grundsatz, Bestandteil all unserer Aktivitäten und wird von allen Ausrichtern unserer Veranstaltungen erwartet“, schrieb die Fifa. Der Verband glaube „fest an die positive Macht“, die die WM in Katar „als Plattform für soziale Veränderungen haben kann, einschließlich der Verbesserung der Arbeitsrechte und der Bedingungen für Gastarbeiter“.

Der „Guardian“ hatte einen Teil der Informationen von der nepalesischen Organisation Pravasi Nepali Coordination Committee (PNCC) erhalten, die sich für die Rückführung der Leichen ihrer Landsleute in ihre Heimat einsetzt. Demnach treffen ständig neue Meldungen über Tote in Katar ein. Die Organisation rief alle Fifa-Sponsoren dazu auf, ihre Geschäftsbeziehungen zum Weltverband zu überprüfen, der die WM im Dezember 2010 überraschend und für viele Fußballfans kaum nachvollziehbar nach Katar vergeben hatte.

„Das waren alles junge und tatkräftige Menschen, deren Zukunft vor ihnen lag, die Familien zu Hause hatten und für die es sich lohnte zu leben“, heißt es in einem Statement des PNCC. „Viele von ihnen mussten sich richtiggehend zu Tode arbeiten“, heißt es weiter. „Alle wurden von der Fifa verraten.“

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach forderte konkrete Maßnahmen. „Es ist furchtbar, die erschütternden Meldungen von den Baustellen in Katar zu lesen. Es reicht nicht aus, diese Missstände immer wieder zu beklagen, es muss schnellstens etwas Konkretes passieren“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes der „FAS“. (jdh/dpa)

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