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Sport: Kicken für den Ernstfall

Testspiele nehmen der Nationalelf die Angst vor den Färöern

Von Stefan Hermanns

Sarajevo. Die Nationalspieler hatten ihre Plätze im Flugzeug gerade eingenommen, als über die Bordbildschirme die üblichen Werbebotschaften verbreitet wurden. In der Regel gehören die dienstreisenden Fußballer des DFB nicht zu den Passagieren des Charterfliegers LTU, und deshalb passte das Reklamefilmchen auch nicht ganz: „Endlich Urlaub. Das haben Sie sich verdient." Von wegen Urlaub. Jetzt wird es erst richtig ernst. Am Mittwoch spielt die Nationalmannschaft gegen die Auswahl der Färöer. Erschreckend mag sich das nicht anhören, aber immerhin geht es dann um die Qualifikation für die Europameisterschaft 2004. Die Partie gegen Bosnien-Herzegowina hingegen diente eher der Vorbereitung dieses Ernstfalles.

Manche Nationalspieler neigen allerdings dazu, solche Spiele als urlaubsähnliche Erholungsmaßnahmen zu betrachten. Gerhard Mayer-Vorfelder, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, jedenfalls wähnte die deutsche Elf am Freitag in den ersten 45 Minuten bereits in der dritten Halbzeit, jener vor allem unter Hobbykickern beliebten Nachbereitung mit viel Alkohol. 0:1 lagen die Deutschen zur Pause zurück, und das kann nicht an der praktischen Unbespielbarkeit des Rasens gelegen haben. Die Bosnier nämlich konnten zeitweise ganz gut darauf spielen. „Die erste Halbzeit war grottenschlecht", sagte Teamchef Rudi Völler.

Vermutlich war dies auch eine Frage der Motivation, und in der zweiten Hälfte, in der Carsten Jancker den 1:1-Endstand erzielte, reichte der Wille immerhin, um eine Niederlage zu verhindern. Bei wohlwollender Betrachtung könnte man die gesamte Vorstellung abgezockt nennen, weil die Deutschen – einem guten Pferd gleich – nur so hoch sprangen, wie sie mussten. Das ist keine ganz unwichtige Erkenntnis aus diesem Spiel, an dessen Sinn mancher gezweifelt hatte: Brauchen Nationalspieler, die mit ihren Klubs quasi ohne Unterbrechung im Einsatz sind, ein Testspiel gegen Bosnien-Herzegowina, um ohne Angst gegen die Färöer antreten zu können? Sie brauchen.

„Das war genau richtig, dass so etwas passiert", sagte Völler. Die erste Hälfte hatte ihn zwar über alle Maßen erregt, aber im Grunde hätte sich der Teamchef den Verlauf gar nicht besser ausdenken können. Manchmal scheint es ihm selbst schon peinlich zu sein, dass er immer wieder vor der Gefahr warnt, die von Gegnern der Güte Saudi-Arabiens, Kuwaits oder Bosniens ausgehen: der Gefahr, solche Teams zu unterschätzen. Aber Darbietungen wie in der ersten Halbzeit am Freitagabend geben Völler letztlich Recht. „Wir müssen versuchen, aus dem Negativen was Positives herauszuholen", sagte er.

Wenn das gelingt, werden die Deutschen gegen die Färöer mit voller Konzentration ans Werk gehen, früh ein Tor schießen und danach entweder den knappen Sieg routiniert über die Zeit bringen – wie vor einem Monat im Qualifikationsspiel gegen Litauen – oder aus Spaß am Erfolg ein Tor nach dem anderen erzielen wie beim 8:0 im ersten WM-Spiel gegen Saudi-Arabien. Vermutlich kann Völler reden, soviel er will: Ein Freundschaftsspiel bleibt eben doch ein Freundschaftsspiel. Schon jetzt hat er daher „Angst, was zwischen 2004 und 2006 abläuft", zwischen der EM in Portugal und der WM in Deutschland. In dieser Zeit gibt es für die deutschen Gastgeber, die automatisch qualifiziert sind, nur noch Freundschaftsspiele.

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