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Sport: Kleine, feine Party

Das Istaf wird wohl seinen Golden-League-Status behalten

Von Frank Bachner

Berlin. Es ist nicht so schwer, heftig mit dem Kopf zu wackeln und gleichzeitig eine Autogrammjägerin rüde wegzustoßen. Mautrice Greene jedenfalls gelang es problemlos. Er tänzelte mit riesigen Kopfhörern zu einem Kleinbus hinter seinem Hotel. Der schnellste Mann der Welt musste zum Istaf, er hatte keine Lust auf Autogramme. Deshalb starrte ihm die Abservierte böse hinterher und knurrte: „Soll ich dem jetzt nachlaufen?“ Natürlich nicht. Dwain Chambers würde sie rächen, das wusste sie nur noch nicht. Dwain Chambers, der 100-m-Europameister, besiegte Greene, den 100-m-Weltrekordler, beim größten deutschen Leichtathletik-Meeting. Greene wurde nur Sechster.

Aber irgendwie war Chambers der falsche Sieger. Greene hätten die 21 000 im Stadion gefeiert, bei Chambers blieben sie seltsam unterkühlt. Und sie hatte etwas Symbolisches, diese Reaktion. Es herrschte nicht diese Partytime im Jahnstadion, die viele erwartet hatten. Jedenfalls nicht ständig. Obwohl das Wetter optimal war, obwohl das Jahnstadion viel persönlicher ist als das riesige Olympiastadion. Es waren nur Momente, die an Partytime erinnerten, so wie bei einer durchschnittlichen Fete, wenn mal plötzlich ein wirklich starkes Lied läuft. Als 400-m-Europameister Ingo Schultz angekündigt wurde, als Dieter Baumann die 5000 m lief, als die Lichter bei der Jackpot-Siegerehrung im Stadion erloschen und nur noch Leuchtstäbe die Szenerie illuminierten oder als Sabine Braun, die große, stille Mehrkämpferin mit einem „Time to say good-bye“, als Sportlerin verabschiedet wurden, bei Szenen dieser Art herrschte diese partytime.

Andererseits ist ziemlich unerheblich, ob nun ein paar Sekunden mehr oder weniger begeistert geklatscht wurde. Bei der Wahl der Golden-League-Standorte am nächsten Wochenende durch den Weltverband IAAF zählen eigentlich andere Punkte. Die Fernseh-Präsenz zum Beispiel. Und ob Berlin, besser gesagt: Deutschland, als Markt für Sportartikel interessant ist. Und, in diesem Jahr wenigstens, ob die neuen Veranstalter auf dem Trümmerhaufen, den die insolvente Istaf GmbH hinterlassen hat, ein ansprechendes Meeting aufbauen konnte. Das ist gelungen, gemessen daran, dass Meeting-Chef Christian Schenk gerade mal knapp vier Monate Zeit hatte. Er nimmt zwar den Mund ziemlich voll, wenn er eine Stimmung beim Istaf wie beim legendären Züricher Letzigrund anpeilt, aber zumindest stimmt seine Richtung. Leichtathletik muss mehr als Show verkauft werden. Dazu passte zwar nicht der überraschende Auftritt der einst populärsten deutschen Dopingsünderin Katrin Krabbe, die 100-m-Siegerin Marion Jones Blumen überreichte. „Aber viele ältere Fans wollen einfach sehen, was aus den früheren Größen geworden ist“, sagt Schenk. Er hatte Krabbe kurzfristig verpflichtet. Er hatte alle Karten abgesetzt, trotz Lücken im Stadion. Eine auswärtige Agentur hatte über 1000 Tickets geordert und auch bezahlt, konnte sie aber im Bundesgebiet nicht absetzen.

Berlin wird wohl Golden-League-Standort bleiben, dafür gibt es Signale, obwohl das Fernsehen am Freitag zur besseren Sendezeit nur 15 Minuten zeigte. Ein Restrisiko bleibt aber: Abstimmungen beim Weltverband IAAF sind teilweise irrational. Und vielleicht hat IAAF-Chef Diack sogar mitbekommen, dass für den VIP-Bereich Karten teilweise doppelt verkauft wurden, was einigen Ärger hervorrief. Aber das ist das Problem der zuständigen Agentur. Dafür kann Schenk nichts. Der Meeting-Direktor „kann jetzt nur noch warten und hoffen“.

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