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Sport: Kleine Schwester vorn

Von Benedikt Voigt London. Vor der Prinzessin Alexandra, so viel war Serena Williams klar, muss man einen Knicks machen.

Von Benedikt Voigt

London. Vor der Prinzessin Alexandra, so viel war Serena Williams klar, muss man einen Knicks machen. „Aber ich habe das nicht vor dem Kerl gemacht“, erinnert sich die 20-Jährige. Der Kerl, das war Seine Königliche Hoheit, der Herzog von Kent. Als ihre Schwester Venus bei der Siegerehrung vor den Kerl trat, beugte sie ein bisschen das Knie, um der Etikette zu entsprechen. „Sie hat mir erzählt, dass sie sich auch nicht sicher war, also hat sie wenigstens einen kleinen Knicks gemacht“, erzählte Serena. „Die ältere Schwester ist immer die weisere."

Die jüngere aber ist inzwischen die bessere. 7:6, 6:3 siegte Serena Williams in einem Wimbledon-Finale unter Schwestern. Die 20-Jährige zeigte eindrucksvoll, warum sie ab Montag zum ersten Mal die Nummer eins der Welt sein wird. Gegen das Powertennis, das sie zurzeit spielt, war sogar die Titelverteidigerin machtlos. „Sie war heute unglaublich“, wunderte sich Venus, die in den letzten beiden Jahren Wimbledon gewonnen hatte, „sie hat Punkte gemacht, die ich einfach nicht bekommen konnte.“ Der entscheidenden Unterschied zwischen Serena und Venus aber war der Wille: „Ich wollte einfach Wimbledon gewinnen, ich wollte Teil dieses Ruhmes und der Geschichte werden“, sagte Serena auf der Pressekonferenz, bei der sie in einem goldfarbenen Overall und mit einem Krönchen auftrat. Venus hingegen wirkte nicht so hungrig auf den Titel, machte zu viele Fehler. Das vorentscheidende Break im zweiten Satz verursachte sie mit einem Doppelfehler.

Immerhin, im ersten Satz boten die Schwestern den Zuschauern auf dem Centre Court ein unterhaltsames Duell. Das Finale der French Open vor vier Wochen mit den gleichen Protagonistinnen war langweiliger. Zu gehemmt wirkten sie damals. Nun scheinen sich die beiden US-Amerikanerinnen an die Begegnungen gegeneinander zu gewöhnen. Es war das neunte Duell zwischen den Schwestern, fünfmal gewann Venus. Jetzt aber muss sie sich Gedanken machen, wie sie die eigene Schwester in Zukunft schlagen will: „Ich muss einfach rausgehen und kämpfen, ich denke, das ist die beste Antwort."

Nie aber erweckte das Spiel den Eindruck, als hätte der Familienrat schon vorher beschlossen, wer gewinnen soll. Dieser Verdacht wird immer aufkommen, wenn die beiden gegeneinander antreten. Doch die Reaktion von Venus zeigte, dass ihr die Niederlage nahe ging. „Es macht einfach keinen Spaß zu verlieren, egal gegen wen“, erklärte Venus. Sie hatte im zweiten Satz Probleme beim Aufschlag wegen einer Schulterverletzung. Als Entschuldigung wollte sie das nicht gelten lassen. „Sie hat nie eine Ausrede, wenn sie verliert“, sagte Serena. Sie hat nun hintereinander in Rom, Paris und London gewonnen. „Ich bin mental stärker und erfahrener geworden“, sagt Serena Williams. Bei den Seitenwechseln in Wimbledon kramte die 20-Jährige Zettel hervor, die sie studierte. „Da stehen Tipps drauf wie: auf den Ball schauen“, sagt Serena. „Normalerweise werde ich nämlich unkonzentriert.“

Venus hat dieses Problem nicht. Dafür ein anderes. Die ruhigere Schwester muss damit fertig werden, dass sie nur noch die Nummer zwei ist. Als sich die beiden Mädchen nach dem Matchball am Netz begegneten, fragte Serena besorgt: „Bist du okay?“ Venus antwortete, sie solle sich keine Sorgen machen. Am Ende konnte sie schon wieder etwas Gutes darin sehen, dass ihre Schwester den Silberteller bekommen hatte: „So bekomme ich die Trophäe wenigstens zu Hause zu sehen." Außerdem wird wohl auch sie als Wimbledon-Siegerin heimkehren. Direkt nach dem Endspiel erreichte Venus in der Doppelkonkurrenz mit einem 6:7, 6:0, 6:3 gegen Anna Kurnikowa und Chanda Rubin das Finale gegen Virginia Ruano Pascual und Paola Suarez. Ihre Partnerin heißt übrigens Serena Williams.

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