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Kommentar: Der Zirkus ist zurück

Halb Dompteur, halb Löwe: Werner Lorant ist schon länger mehr Entertainer als Trainer. Nun wurde er bei Tennis Borussia als Sportdirektor vorgestellt. Was das soll, weiß Lucas Vogelsang.

Fußball ist Zirkus. Seit jeher. Er lebt von Menschen, Tieren, Sensationen und clownesken Einlagen. Tennis Borussia hat all das zuletzt gefehlt. Die Vorstellungen waren dürftig, die Tribünen blieben weitestgehend leer. Doch nun haben die Charlottenburger reagiert und eine neue Attraktion aus dem Hut gezaubert: Werner Lorant, das HB-Männchen aus der Coachingzone, wird neuer Sportdirektor bei den Veilchen. Und damit ist auch der Zirkus wieder in der Stadt. Denn Lorant war schon während seiner Zeit bei 1860 München immer irgendwie Dompteur und Löwe zugleich, ein Selbstdarsteller erster Güte.

„Der Star der Mannschaft bin ich“, hat er einmal gesagt und damit ganz gut zusammengefasst, worum es in Lorants Welt in erster Linie geht: Um Werner Lorant. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, obwohl Lorant im deutschen Fußball schon lange nicht mehr die Rolle spielt, die er gerne selbst besetzen würde. Seit seiner Entlassung in München, wo er schließlich doch an dem Versuch gescheitert war, durch jene Ringe zu springen, die er zuvor selbst entzündet hatte, war er vorwiegend durch die fußballerische Diaspora getourt, in der Unterhaching schon als Highlight gelten durfte. Nachdem man ihm in der bayrischen Bezirksliga das Rauchen verboten hatte, war er zuletzt sogar ins slowakische Exil geflüchtet. Glamour ist anders.

Kein Verfechter der Moderne
 
Nun ist er nach Deutschland zurückgekehrt, um Tennis Borussia neue Impulse zu verleihen. Wie er das genau machen soll, ist allerdings unklar. Denn Werner Lorant galt schon als Trainer nicht als Verfechter der Moderne. Und während seiner zweitklassigen Ochsentour dürfte sich das kaum geändert haben. Auf den zweiten Blick wird allerdings klar, dass dieses Arbeitsverhältnis mehr als nur ein PR-Gag sein kann.

Denn Lorant und TeBe passen besser zusammen, als man zuerst denken würde. Beide bewegen sich seit Jahren in dem Spannungsfeld aus übersteigertem Anspruch, gefährlich verschobenem Selbstbild und einer eher erfolglosen Gegenwartsrealität. Jetzt haben sie zueinander gefunden und könnten am Ende sogar noch voneinander profitieren, weil Lorant, trotz aller Patina, allein mit seinem Namen noch immer ein Stück Bundesliga nach Charlottenburg bringen und gleichzeitig den Schaukasten Berlin für sein ganz persönliches fußballerisches Resozialisierungsstück nutzen kann.

Den Zirkus gibt es dabei, natürlich, inklusive.

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