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Eurotrip als Ochsentour: Die irischen Fans müssen bald ganz Europa mit ihrer Sangesfreude beglücken.

© dpa

Kommentar: Eine EM für Pendler

Bei der EM 2020 soll es erstmals nicht nur an einen oder zwei Gastgeber geben. Ein Geschenk der Uefa an den ganzen Kontinent soll es sein, ein bisschen Euro für viele. Doch es ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

In Danzig und Sopot schwärmen sie vermutlich heute noch von den Iren. Von diesen dauergutgelaunten Gesellen in Grün, die im vergangenen Sommer, während der Fußball-Europameisterschaft, wochenlang an der polnischen Ostseeküste logierten, um in der Nähe ihres Teams vor allem sich selbst zu feiern; die jede Menge Alkohol vernichteten und mindestens so viel Stimmung verbreiteten, wo immer sie auftauchten. Wer wird wohl in acht Jahren von den Iren schwärmen, wenn die mal eben mit dem Billigflieger zum EM-Gruppenspiel in Paris einschweben, noch in der Nacht nach Dublin zurückzufliegen und vier Tage später zum nächsten Vorrundenspiel ihrer Mannschaft in Madrid einfallen?

Eine „Euro für Europa“ – das ist das Motto, unter dem der Fußballverband Uefa die Pendler-EM, eine Idee seines Präsidenten Michel Platini, künftig vermarkten wird: Das Turnier, das erstmals nicht in einem oder zwei Ländern ausgetragen wird, soll als Geschenk an den ganzen Kontinent verstanden werden. Ein bisschen Euro für viele. Oder auch: Nichts Halbes und nichts Ganzes, das trifft es wohl eher. Von Europameisterschaften, wie wir sie bisher kennen, wird wenig bleiben. Und das ist durchaus zu bedauern – weil es überhaupt keinen Grund gab, das funktionierende und erfolgreiche Modell zu verändern.

Auch deshalb wird man bei Uefa-Chef Platini den Eindruck nicht los, dass es ihm nur um die Veränderung als solche geht. Gerade erst hat er die Abschaffung der Europa League ins Gespräch gebracht; mal sehen, was als nächstes kommt. In seinem Reformwahn erinnert Platini an den jüngeren Joseph Blatter. Auch der Chef des Fußballweltverbandes Fifa hat früher manch abstruse Idee ins Spiel gebracht, die nicht dem großen Ganzen, sondern vor allem dem eigenen Fortkommen diente.

Platini betreibt in erster Linie Klientelpolitik. Er belohnt die, die ihn ins Amt gehievt haben. Deshalb hat er das Teilnehmerfeld bei der EM von 16 auf 24 erhöht. Eine sportlich bedenkliche Entscheidung, die in letzter Konsequenz auch dafür verantwortlich ist, dass die Endrunde in acht Jahren über den gesamten Kontinent verteilt werden muss – weil in Europa aktuell außer Deutschland, England, Frankreich und Russland kein Land finanziell und infrastrukturell in der Lage wäre, ein solches Mammutturnier auszurichten.

Die EM in ihrer neuen Form ist daher kein Beleg für die neue Bescheidenheit der Uefa und ihre wirtschaftliche Vernunft in Zeiten der Finanzkrise. Sie ist – im Gegenteil – eine Folge ihres Gigantismus'.

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