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Jens Voigt. Mittendrin? Oder nicht dabei?

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Kommentar: Kampf gegen die Verharmlosung

Ist Tyler Hamilton der Retter des Radsports oder nur ein überführter Doper, der Kollegen mit in den Abgrund ziehen und mit seinem Enthüllungsbuch noch ein bisschen Geld abgreifen will?

Von Christian Hönicke

Ist Tyler Hamilton der Retter des Radsports? Oder ist er nur ein überführter Doper, der Kollegen mit in den Abgrund ziehen möchte und mit seinem Enthüllungsbuch noch ein bisschen Geld abgreifen will? Nachdem der US-Amerikaner seinen früheren Kapitän Lance Armstrong als Kronzeuge zu Fall gebracht hat, arbeitet er sich nun an weiteren Weggefährten ab. Etwa an Bjarne Riis, der einst sein Blut zu einem zähflüssigen Brei hochdopte und trotzdem weiter als Teamchef arbeitet. Oder an Jens Voigt, der ebenfalls unter Riis fuhr und dem Hamilton nicht abnimmt, in 15 Jahren im Peloton nie etwas von Doping gehört oder gesehen zu haben. Dazu müsse man schon „von Blinden umgeben sein“. Obwohl Voigt nie positiv getestet worden ist, glaubt Hamilton „absolut“, dass auch der Wahlberliner gedopt hat.

Jens Voigt ist in seiner Karriere nie um einen Spruch verlegen gewesen. Dass Doping wohl nur „im inneren Zirkel“ der Rennställe ein Thema gewesen sei, zu dem er, obschon eine Radsportgröße, „nie gehört“ habe, mag man ihm auch diesmal abnehmen. Weniger glaubwürdig ist dagegen die alte Vergangenheitsmasche, die er zur Verteidigung seiner Szene bemüht: Es habe bis 2006 „anscheinend eine Art Parallelwelt“ gegeben, die Fahrer würden aber seitdem sauber fahren.

Dass solche Verharmlosungen nicht mehr unwidersprochen unters Volk geworfen werden dürfen, dass Hintermänner wie Riis oder Johan Bruyneel unter Druck geraten, das ist der Verdienst von jenen, die das Schweigen brechen. Lange waren es nur der geständige frühere Zeitfahr-Weltmeister David Millar und Jörg Jaksche, die das Netzwerk aus Betrug und Lügen aufdeckten. Nun ist auch noch Tyler Hamilton dazugekommen.

Gerettet ist der Radsport deswegen noch lange nicht. Aber die Front der Anti-Doping-Kämpfer in den eigenen Reihen wächst. Das ist eine schlechte Nachricht für Doper. Und eine gute für den Radsport.

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