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Sport: Kontrolle ist schlecht

Jan Ullrich soll auch 2005 gedopt haben – sogar während der Tour de France

Berlin - „Wenn ein Fahrer von sich sagt, dass er nicht positiv getestet wurde, ist das ja mittlerweile eine Anschuldigung“, sagte Christian Frommert am Freitag. Wieder einmal musste der Kommunikationsleiter von T-Mobile Dopingvorwürfe gegen seinen suspendierten Radstar Jan Ullrich kommentieren. Bei den neuen, detaillierten Vorwürfen zeigt sich, dass dopende Fahrer das bestehende Kontrollsystem offensichtlich nicht allzu ernst nehmen müssen. Nicht positiv getestet worden zu sein – das zeigen auch die neuen Anschuldigungen im Fall Ullrich – heißt noch lange nicht, unschuldig zu sein.

Jan Ullrich, soll nach Auffassung der Doping-Ermittler in Spanien, auch im Jahr 2005 mit Hilfe des Mediziners Eufemiano Fuentes gedopt haben, und zwar sogar noch während der ersten Woche der Tour de France. Das berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. „Das war uns so nicht bekannt“, sagte Frommert dazu, „aber in den Unterlagen, die uns vorliegen, deutet einiges auf die Jahre 2004 und 2005 hin.“ T-Mobile-Teamarzt Lothar Heinrich zeigte sich „sehr erstaunt“, der Mediziner habe bei Untersuchungen „keine Auffälligkeiten“ bei Ullrich festgestellt. „Das sieht man den Leuten ja nicht an, sie haben keine blaue Zunge“, sagte Heinrich. Bisher waren nur starke Indizien dafür bekannt gewesen, dass Ullrich in diesem Jahr gedopt hat. Ullrich äußerte sich auch am Freitag nicht.

Die Ermittler in Spanien haben ein „Roadbook“ von Fuentes aus dem vergangenen Jahr sichergestellt, aus dem hervorgeht, dass eine Person „JAN“ in der ersten Tourwoche mehrere Mittel bekommen hat, die die Abkürzungen HM, I-3, TGN, PCH und HMG tragen. Nach Ansicht der Ermittler stehen sie für Hormone, Insulin, Kortikoide und Testosteron, zudem soll zum Ende der ersten Woche eine Portion Eigenblut verabreicht worden sein. „Die Abkürzungen sind nicht zweifelsfrei zuzuordnen“, sagt der Anti-Doping-Experte Wilhelm Schänzer. Prinzipiell sei von den Abkürzungen zugeordneten Stoffen derzeit nur Testosteron nachweisbar. „Für die anderen Stoffe fehlen teilweise die Verfahren oder die Materialien, um die Tests durchzuführen“, sagt Schänzer. „Die Doper nehmen natürlich vorrangig das, bei dem sie um die Schwierigkeit des Nachweises wissen.“

Das System des Doktor Fuentes soll so durchorganisiert gewesen sein, dass die Kunden der Einfachheit halber eine Jahrespauschale gezahlt haben. 35 000 Euro sollen es sich Ullrich, Ivan Basso, Santiago Botero, Roberto Heras oder Tyler Hamilton haben kosten lassen, von Fuentes auch noch während der Rennen mit verbotenen Substanzen versorgt zu werden. „Das heißt aber nicht, dass Kontrollen keinen Sinn machen“, sagt Schänzer. „Bei Tyler Hamilton konnte vor zwei Jahren das Doping mit Fremdblut nachgewiesen werden. Wenn wir dahin kommen, die Blutparameter der Fahrer häufiger im Jahr zu kontrollieren, ist schon einiges gewonnen.“ Derzeit sieht es so aus, dass die Doper und ihre Zulieferer im wissenschaftlichen Wettbewerb zwischen dem Finden neuer Methoden und deren Nachweis ein gutes Stück voraus sind.

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