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Sport: Kraftlos gewonnen

Die müde deutsche Nationalmannschaft besiegt zum Saisonende harmlose Slowaken 2:1

„Wer hier nur 80 Prozent gibt, gibt 100-prozentig zu wenig“, stand auf den T-Shirts, mit denen die deutschen Nationalspieler gestern die Arena in Hamburg betraten. Ihre Sorge, im letzten Spiel der Saison vor dem Urlaub vielleicht innerlich doch schon ein bisschen abgeschaltet zu haben, erwies sich am Ende als nicht unbegründet. Dennoch reichte es vor 51 500 Zuschauern zu einem 2:1 (2:1) im EM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei. Die deutsche Mannschaft führt weiter souverän die Gruppe D an und hat nun sechs Punkte Vorsprung auf den Dritten Irland. Die ersten beiden Teams qualifizieren sich direkt für die Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz. „Heute war ein bisschen fußballerischer Alltag, aber kämpferisch hat jeder alles gegeben“, sagte Bundestrainer Joachim Löw.

Schon vor dem 6:0 in San Marino am vergangenen Samstag hatte die Mannschaft von Bundestrainer Jochim Löw ein Tagesmotto per Shirt präsentiert. „Alle Hürden sind gleich hoch. Besonders die kleinen“, hatte es geheißen und sich im Nachhinein als kleine Übertreibung herausgestellt. Gestern passte der Spruch besser, denn die deutsche Mannschaft wirkte insgesamt kraftlos und wenig inspiriert, 100 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit erreichte sie nicht. Dennoch ging sie nach zehn Minuten in Führung. Marcell Jansen hatte sich auf der linken Seite durchgesetzt und in die Mitte gepasst. Dort lenkte Jan Durica den noch abgefälschten Ball von Miroslav Klose bedrängt ins eigene Tor.

Danach bedrängten die Deutschen das Tor der Slowaken, große Chancen konnten sie sich aber nicht erspielen. Zu vorhersehbar waren ihre Offensivaktionen, zu langsam wurde der Ball in die Spitze gespielt. Und nach 20 Minuten stand es auf einmal unentschieden. Matej Krajcik hatte auf der linken Abwehrseite der Deutschen Christoph Metzelder überlaufen, der nur noch mit der Fußspitze an den Ball kam und ihn am überraschten Jens Lehmann vorbei ins Tor verlängerte. 1:1, und ein Slowake und ein Deutscher hatten ein Tor geschossen.

Nach dem Ausgleich mühte sich die kraftlose deutsche Mannschaft weiter. Jansen schoss knapp vorbei, nachdem er sich wieder einmal auf links durchgesetzt hatte. Über die linke Seite mit Thomas Hitzlsperger und Jansen liefen deutlich mehr Angriffe als über rechts mit Philipp Lahm und Clemens Fritz. Der Bremer war der einzige Neue in der Startelf im Vergleich zum Spiel gegen San Marino, er ersetzte Roberto Hilbert. Die linke Seite war aber auch die defensiv anfälligere, nicht nur beim Gegentor entwickelten die auf Konter lauernden Slowaken hier die meiste Torgefahr.

Bis kurz vor der Halbzeit hatten aber beide Torhüter kaum etwas zu tun. Dann legte sich Philipp Lahm nach einer verunglückten Flanke den Ball vom rechten auf den linken Fuß, schaute hoch, flankte auf Hitzlsperger und der köpfte aus fünf Metern zum 2:1 ein. Es war ein schön herausgespieltes Tor. Eines von vielen, die Joachim Löws Mannschaft in dieser Saison erzielt hat. Löw blieb nach dem Halbzeitpfiff noch einige Minuten stehen, bevor er in die Kabine ging. So, als müsse er sein gesamtes erstes Jahr als Bundestrainer noch einmal vor seinem geistigen Auge ablaufen lassen.

Löw hat es in seinem ersten Jahr geschafft, dass es nach dem Höhepunkt WM keinen Leerlauf, kein Motivationsloch gab. Die deutsche Mannschaft spielt bisher eine für sie untypische Qualifikation für ein großes Turnier. Diese liefen in der Vergangenheit oft zäh und mühsam ab. Mit Ausnahme des 1:1 auf Zypern hat Löws Mannschaft alle sieben Qualifikationsspiele gewonnen.

Auch wenn es gestern anders war, hat Löw einen inzwischen nicht mehr umkehrbaren Prozess in Gang gesetzt. Sein Team spielt prinzipiell agierend, nicht reagierend. Es spielt schnell und nach vorne. Unabhängig vom Personal. Das Hinspiel in der Slowakei hatte Deutschland 4:1 gewonnen. Zweimal Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und Michael Ballack erzielten die Tore. Sie waren gestern verletzt nicht dabei.

Diese Ausfälle konnte gestern selbst eine uninspirierte deutsche Mannschaft auch in der zweiten Halbzeit verschmerzen, obwohl ihr Ballack erkennbar fehlte. Sie konnte darüber hinaus verschmerzen, dass Klose sehr weit von seiner Bestform entfernt ist. Wieder schoss er nicht das ersehnte Tor. Seine Mitspieler – vor allem Kevin Kuranyi – übertrieben oft ihre Fürsorge, indem sie ihn immer wieder anspielen wollten, obwohl oft ein anderer Pass die bessere Lösung gewesen wäre.

Die beste Chance hatte nach einer Stunde Clemens Fritz, dessen Heber Torhüter Kamil Contofalsky über die Latte lenkte. Der eingewechselte Mario Gomez hätte noch einen Elfmeter dafür bekommen können, als im Strafraum an ihm herumgezogen wurde. Sonst passierte außer der Auswechslung von Klose und der Gelben Karte für Bernd Schneider, der im nächsten Qualifikationsspiel im September in Wales gesperrt ist, nicht mehr viel. Die junge slowakische Mannschaft war zu ungefährlich, um den Ausgleich erzielen zu können. Und die deutsche zu müde, um mehr als 80 Prozent zu zeigen.

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