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Sport: Kreischende Jungs

Den Volleyballern gelingt die Olympia-Qualifikation

Man musste dieses Bild gesehen haben. Wie dieser Mann, der brüllen kann wie ein Bierkutscher, der so hart wirken kann wie Stahlbeton, wie dieser Mann mit den Tränen kämpfte. Stelian Moculescu stand vor den Journalisten, das Gesicht weich, Schimmer in den Augen, dann sagte er: „Es ist schwer, in diesem Moment die richtigen Worte zu finden. Es war ein langer Weg über neun Jahre, und ich danke den Jungs, dass sie mir gefolgt sind. Ich danke dem Herrgott, dass er diese Jungs belohnt hat.“ Gut möglich, dass er später, allein, wirklich noch geweint hat, Stelian Moculescu, der Bundestrainer der deutschen Volleyballer.

Diese Jungs waren ein paar Minuten zuvor lachend und kreischend wie kleine Kinder übers Spielfeld gehechtet, sie hatten sich umarmt, und jetzt waren sie vermutlich in der Kabine und spritzten mit Sekt. Diese Jungs bilden die deutsche Volleyball-Nationalmannschaft, diese Jungs hatten sich gerade für die Olympischen Spiele in Peking qualifiziert, diese Jungs haben geschafft, was 36 Jahre lang keiner westdeutschen Nationalmannschaft gelungen war: die Olympiaqualifikation. Die DDR war besser als die Westdeutschen, das schon. Fürs deutsche Volleyball ist es trotzdem ein historischer Moment.

4830 Zuschauer in Düsseldorf feierten diesen historischen Moment live mit. Sie sahen, wie die Deutschen am Sonntag mit extremer Willenskraft, mit unglaublichem Kampfgeist, getrieben von dem unbändigen Drang, endlich dieses Olympiaticket zu bekommen, den Europameister Spanien 3:2 (25:23, 25:23, 23:25, 22:25, 15:10 ) besiegten.

Gegen Spanien behielten die deutschen Volleyballer die Nerven, wieder mal. Schon gegen Kuba, beim 3:2-Erfolg am Samstag, hatten sie sich regelrecht zum Sieg gekämpft. Kapitän Björn Andrae erlebte die Auftritte von Düsseldorf „wie im Rausch. Die Halle tobte, die Mannschaft tobte. Ein tolles Gefühl.“ Er kennt auch andere Gefühle. Er kennt die Momente, in denen sich die Mannschaft aufgegeben hatte, als sie scheinbar aussichtslos zurücklag. Da war kein Aufbäumen zu spüren, da war keine Lust auf Gegenwehr.

Aber Düsseldorf zeigte eine andere Mannschaft, eine, die ihr Ziel verinnerlicht hatte. Stefan Hübner, der Weltklasse-Mittelblocker, sagte: „Wir sind in den Momenten im Spiel geblieben, in denen wir früher weggebrochen wären.“ Und der Leipziger Marcus Popp erklärte: „Nie habe ich entschlossener agiert.“ Und weshalb? Verdammt, „weil ich nach Peking will. Unbedingt.“ Christian Pampel sprach von einem „Triumph der Moral. Du musst auch weiterkämpfen, wenn du hinten liegst.“

Stelian Moculescu hatte es immer so gemacht, damals, als er selber noch Nationalspieler war. Jetzt bleibt er bis Peking Bundestrainer. Er wäre sofort zurückgetreten, wenn Düsseldorf schief gelaufen wäre. Jetzt bleibt er, aber seine wichtigste Mission, die hat er schon erfüllt. Mit seinen Jungs.

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