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Sport: Kurze Nächte in der Pfalz

Jetzt versucht Ministerpräsident Beck, das Chaos beim 1. FC Kaiserslautern zu ordnen

Von Oliver Trust

Kaiserslautern. Wenigstens einer fühlt sich noch zuständig für den 1.FC Kaiserslautern: Kurt Beck. Da mag die Bundestagswahl noch so nahe rücken, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident kümmert sich intensiv um den jüngsten Pflegefall seines Landes. „Mich bedrückt, was sich da abspielt“, erklärte Beck sein Engagement, „an dem Verein hängen viele Menschen in ganz Rheinland-Pfalz - außerdem ist der FCK ein großer Wirtschaftsfaktor.“ Der Ministerpräsident hat für Donnerstag einen Runden Tisch mit Vertretern des Vorstandes und des Aufsichtsrates des Fußball-Bundesligisten sowie der Vereins-Opposition „Unser FCK“ einberufen. An dem Gespräch in der Mainzer Staatskanzlei sollen auch die früheren Lauterer Profis Hans-Peter Briegel und Axel Roos teilnehmen. Bereits am Dienstag traf sich Beck mit Oppositionsführer Andreas Kirsch, um die Lage zu erörtern.

„Es hat sich eine bedrohliche Situation entwickelt. Die Entscheidungen für die Zukunft des FCK müssen mit der notwendigen Ruhe getroffen werden“, sagte Beck dem Internetanbieter „Sport1“. Tatsächlich ist das Leben für die Angestellten des 1. FC Kaiserslautern in diesen Tagen nicht leicht. Viele bekannte Gesichter laufen auf den Gängen der Geschäftsstelle herum. Aber woher sollen die Beschäftigten überhaupt noch wissen, wer noch in Amt und Würden ist? Es wird zurückgetreten, entlassen und ernannt. Geschäftsführer Gerhard Herzog und Prokurist Erwin Göbel, den man schnell noch als dritten Vorstand berief, führen die Geschäfte. Pressesprecher Michael Novak ist allein zuständig für die Mitteilungen eines sprachlosen Klubs. Das alles bei einem Verein, der einen Etat von 100 Millionen Euro hat und sich immer noch als kleiner, gemütlicher Verein zu verkaufen versucht.

Nun geht auch die Angst um die Arbeitsplätze um. Andreas Brehme, der Cheftrainer, hat seinen Job drei Tage nach der 0:3-Niederlage in Mönchengladbach verloren. Im Oktober 2000 hatte er ihn von Otto Rehhagel übernommen. Brehme bekommt eine ordentliche Abfindung. Der zurückgetretene Vorstandsvorsitzende Jürgen Friedrich verkauft in Zukunft Kleider in seinen beiden Boutiquen ns „Atzes Men Shop“ und denkt über eine Frühstückspension nach.

Ratlosigkeit und Durcheinander sind groß. Am Sonntagabend wurde Brehme in der Nacht die Botschaft vom Rauswurf überbracht. Sofort fielen als mögliche Nachfolger die Namen aller Trainer, die gegenwärtig ohne Klub sind: Jürgen Röber, Christoph Daum, Frank Pagelsdorf, Hans-Peter Briegel, Lorenz-Günter Köstner, Karl-Heinz Feldkamp. Assistenztrainer Karl-Heinz Emig sagte, er werde den Spielern vor dem DFB-Pokalspiel in Hamburg in den Hintern treten und die Trainingspläne umstellen. Der ehemalige Profi Michael Schjönberg, bisher B-Jugendtrainer, rückt in den Profitrainerstab auf. „Wir streben eine schnelle Lösung der Trainerfrage an“, sagt Novak. Gegen Bielefeld in zehn Tagen soll ein neuer Trainer gefunden sein. Im DFB-Pokal tritt der Klub am Sonntag beim Hamburger Verbandsligisten USC Paloma an. Eine Aufgabe, die ohne neuen Trainer zu bewältigen sein sollte.

Die Gespräche mit Rene C. Jäggi sind vertagt worden. Der 53-Jährige, der dem Schuhhersteller „Rominka“, „Adidas“ und dem FC Basel zu neuen Höhenflügen verhalf, soll neuer Chef am Betzenberg werden. „Die Voraussetzungen für einen Vertragsabschluss sind noch nicht geklärt“, teilte Jäggi mit. Er ist beim FC Basel ehrenamtlich tätig und muss, nach Auskunft von Novak, seine unternehmerischen Tätigkeiten bei Romika und als Chef des Organisationskomitees der Judo-Mannschafts- WM in Basel klären, bevor er den Job in Kaiserslautern übernehmen könnte. Am 3. September wird weiter verhandelt. Der neue Aufsichtsratschef Hubert Keßler ist zuversichtlich, „dass wir die zehn oder 20 Prozent noch klären können“.

Novak jedenfalls stöhnt schon jetzt. „Das alles geht uns sehr an die Nieren“, sagte der Pressesprecher. „Die Nächte sind kurz. Erholen kann sich hier im Augenblick keiner.“

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