zum Hauptinhalt
Am liebsten würde er mitspielen. Das aber darf Mitchell dann doch nicht.

© Imago

Eishockeyklub Augsburger Panther: Larry Mitchell - der Schwabenmacher

Kein DEL-Trainer ist so lange im Amt wie der Augsburger Larry Mitchell. Und kaum einer hat so einen großen Machtbereich wie der eloquente und intelligente Kanadier mit deutschem Geburtsort. Am Freitag spielt Augsburg bei den Eisbären.

Es zog an den Seiten. Und die Anwohner des Stadions beschwerten sich mal über den unüberhörbaren Rabbatz, den die Fans der Augsburger Panther bei ihren Heimspielen veranstalteten. Jahrzehntelang war das halb offene Curt-Frenzel-Stadion etwas Unzeitgemäßes, worüber sich der Rest in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gerne echauffierte. Als die Schwaben ihr Stadion dann endlich einhausen mussten, dauerte das wegen einer Bauposse – von Teilen der Zuschauerplätze war die Eisfläche nicht einsehbar – über alle Gebühren lange. Augsburg und eine moderne Eishalle, das schien nicht zusammenzukommen. Doch vergangene Saison kam es zusammen und seitdem spielen seine Panther in einer der modernsten Arenen der Liga, glaubt Larry Mitchell. „Vom Kraftraum bis zu den Vip-Logen, das passt“, sagt der Trainer. „Die Arena ist für viele Spieler jetzt ein Argument, nach Augsburg zu kommen.“ Vorher sei das genau gegenteilig gewesen.

Mitchell, ein stämmiger Kerl mit sonorer Stimme, ist das Gesicht von Eishockey-Augsburg. Seit 2007 ist der Kanadier mit dem deutschen Geburtsort Zweibrücken in Rheinland-Pfalz Trainer, Einkäufer (Spieler) und Verkäufer (Außendarstellung) im Klub. Letzteres kann Mitchell blendend, auch weil er viel besser deutsch spricht als seine vielen nordamerikanischen Trainerkollegen in der Liga. Am Freitag spielen die Panther bei den Eisbären Berlin (19.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof), Tabellenelfter gegen Tabellenzehnten. „Aber natürlich sind die Eisbären Favorit“, sagt Mitchell. Das sei ja fast immer so, wenn Augsburg bei den Großen der Liga antrete. „Ich könnte jetzt anfangen damit, dass wir nur ein Drittel an Etat haben verglichen mit den Großen. Aber das ist sinnloses Gelaber.“

Ist es gar nicht. Es ist eher beliebtes Mitchell-Thema. Der Macher von Augsburg: Kein Trainer ist in der Liga so lange im Amt wie der jetzt 47 Jahre alte exzellente Kenner der internationalen Eishockeyszene. Er holt Spieler in die DEL, mit denen rechnet kein anderer. Jahr für Jahr schafft es Mitchell, eine Mannschaft aufs Eis zu schicken, die die Großen ärgern kann. Vor ein paar Jahren, 2010, sogar ganz massiv. Da warf Mitchell im Play-off-Viertelfinale Serienmeister Eisbären aus dem Wettbewerb. Später scheiterten die Schwaben erst im Finale an den Hannover Scorpions – dieser Fast-Triumph unterscheidet die Augsburger von den anderen kleinen Klubs der Liga aus Iserlohn, Schwenningen oder Straubing. Am ganz großen Erfolg haben die noch nicht gerochen und ihre Saisonziele sind bescheiden, wie in Augsburg. „Unser Ziel ist Platz zehn nach der Hauptrunde“, sagt Mitchell. Pre-Play-offs also. Das Wortkonstrukt nehmen sie in Mannheim, München oder Berlin nicht in den Mund. Larry Mitchell hat damit keine Probleme. „Wir sind eben kleiner als die und wir kennen doch das Spiel: Wenn sich ein Spieler bei uns profiliert, dann ist er oft eine Saison später weg.“ Alle hätten sich doch schon in Augsburg bedient, auch die Berliner: Darin Olver und Barry Tallackson wechselten einst von den Schwaben zu den Eisbären. Und wegen dieses nach jeder Saison zuverlässig kommenden Aderlasses müsse er einmal im Jahr die halbe Mannschaft austauschen: „Das ist immer eine große Herausforderung. Ich habe viele Aufgaben in Augsburg und das ist eine davon.“

Und es muss mit wenig Geld gehen. Einen Hauptsponsor haben die Panther nicht. Mitchell erzählt es gelassen und murmelt etwas wie: er könne sich ja nicht auch noch ums Marketing kümmern. Sagt dann laut: „Unsere Marketingabteilung arbeitet sehr hart.“

Sportlich hat der harte Arbeiter Mitchell mit Chris Mason diese Saison einen Torwart nach Augsburg gelockt, der in der DEL auch mit 38 Jahren nichts zu suchen hat. Mason hat 329 Spiele in der National Hockey-League hinter sich und hätte in Europa überall hingekonnt. Der Kader der Panther stellt sich eben auch schon nach monetären Gesichtspunkten auf: Die vielen deutschen Spieler im Kader – darunter auch der bei den Eisbären durchgefallene Stürmer Daniel Weiß – sind neben den von Mitchell herbeigezauberten Importspielern eher unterstützend tätig denn als Führungsfiguren aktiv.

Doch mit dieser Mischung bauen die Schwaben Saison für Saison auf ihre Heimstärke, die aus dem halb offenen Stadion in das neue Bauwerk mit umgezogen ist. Genau wie der Name Curt Frenzel. Ein Sozialdemokrat, der sich später als Freund von Franz-Josef Strauß der CSU zuwand. Unter Klubpräsident Frenzel wurde mit der Überdachung des Eisstadions begonnen, erst nach seinem Tod 1970 wurde das fertig. Das ist lange her und sicher bieten sich in Zukunft andere erfolgreiche Klubmitarbeiter als Namensgeber für die Arena. Larry Mitchell zum Beispiel, als verdienstvollster Trainer, wäre er im Rennen? Ach nein, sagt der. Er klebe ja nicht an seinem Job ins Augsburg. 2011 wollte er ja schon mal nach Berlin, doch da wollten die Eisbären ihn nicht. Am Saisonende läuft sein Vertrag in Augsburg aus. „Und der Tag wird kommen, an dem meine Arbeit über meine Zukunft entscheidet oder an dem ich für mich entscheide, etwas anderes zu machen.“ Immer nur Augsburg, das geht wohl selbst bei Larry Mitchell nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false