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Sport: Lasst euch überraschen

Bayer Leverkusen wäre fast abgestiegen – nun verzaubert die Mannschaft die Fans mit Offensivfußball

Leverkusen. Es war fast wie früher. Gerade hatte Bayer Leverkusen den dritten Sieg in Folge vollendet und die hoch eingeschätzten Gäste aus Hannover mit 4:0 (2:0) unerwartet deutlich geschlagen. Dabei hatte das Team von Klaus Augenthaler, der im fünften Spiel unter seiner Regie den fünften Erfolg feierte, seine spielerischen Fähigkeiten am Ende schon fast so zelebriert wie einst, als die Mannschaft unter Klaus Toppmöller die Bühnen Europas im Sturm zu erobern vermochte. Robson Ponte verhöhnte seine Gegenspieler zuweilen mit trickreichen Einlagen, und Innenverteidiger Juan erlaubte sich drei Minuten vor dem Abpfiff gar eine Steilflanke im Stile Maradonas; seinen punktgenauen Pass aus dem Mittelfeld heraus zu Bierofka schlug er sozusagen kreuzbeinig, mit seinem rechten Fuß hinter seinem linken Standbein. Kurzum: Im Finale war es eine Vorführung, die für jeden Gegner arrogant wirken muss.

Nach dem Abpfiff ging es in Leverkusen nur um eine Frage: Wie ist die Wandlung eines völlig verunsicherten Fast-Absteigers hin zu einem famos aufspielenden Tabellenführer nur möglich? Die Antworten fiel einfach aus. „Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt geschossen“, meinte Kapitän Carsten Ramelow. Danach wies er mit genüsslichem Grinsen darauf hin, dass der vorher viel beschriebene Auftritt von Bayers Leihgabe Jan Simak keiner wurde. „Er hat heute nicht viel bewegt“, sagte Ramelow über Hannovers Hoffnungsträger. Auch der im Spiel sensationelle Franca verteilte nach dem Abpfiff artig Komplimente an den Trainer, die zur Erklärung seiner Leistung dienen sollten. Sein „perfektes Spiel“, so Franca, habe auch mit Augenthaler zu tun: „Er hat mir den Glauben an mich selbst zurückgegeben, dafür bin ich ihm dankbar.“

In der Tat, Francas Auftritt war famos gewesen. Nicht nur, dass der brasilianische Stürmer das schnelle Führungstor nach 105 Sekunden eingeleitet und abgeschlossen hatte, er war auch an allen Treffern entscheidend beteiligt: Sein Doppelpass mit Neuville vor dem 2:0 zerschnitt mühelos die tapsige Innenverteidigung der Niedersachsen; vor dem Schlenzer durch Neuville zum 3:0 fintierte Franca eine Annahme des Rückpasses des ebenfalls sehr starken Marko Babic; und das 4:0 durch Bierofka schließlich leitete Franca mit einem gefühlvollen Steilpass aus dem Mittelkreis ein. Geschäftsführer Reiner Calmund sprach gar von einer Wiedergeburt Francas, die dem Coach anzurechnen sei: „Wir hätten ihn eintauschen können, aber Augenthaler sagte: Den kriege ich hin.“ Der 9,5-Millionen-Euro teure Einkauf vom FC São Paulo, der in der letzten Spielzeit in 16 Spielen nur ein Tor erzielt hatte, avancierte so zum besten Spieler des Tages, nachdem ihm bereits beim 4:1-Sieg gegen Freiburg zwei fantastische Zuspiele gelungen waren, die zu Toren führten.

Der Coach indes bemühte sich nicht allein im Fall von Franca um Nüchternheit. „Wir haben ihn geholt, damit er die Tore macht“, sagte Augenthaler trocken. „Wir müssen jetzt abwarten“, meinte auch der doppelte Torschütze Oliver Neuville, dem die Begeisterungsstürme in Leverkusen nicht geheuer schienen. Die drei Auftaktsiege, weiß der Nationalstürmer, kamen zustande gegen zwei Aufsteiger und gegen ein Team, das zuletzt nur knapp dem Abstieg entrann. Und dann sagte Neuville einen Satz, der vom neuen Leverkusener Sinn für die Realitäten kündete: „Die ersten drei Spiele mussten wir auch gewinnen.“ Er hätte hinzufügen können: Sonst wären wir erneut in Abstiegsgefahr.

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