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Ein-Mann-Show. LeBron James ist bei den Cavaliers die alles bestimmende Figur – nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch im Hintergrund.

© AFP/Miller

NBA-Team Cleveland Cavaliers: LeBron James hat das Sagen - nicht Trainer David Blatt

Trainer David Blatt hat die Cleveland Cavaliers unter die besten vier NBA-Teams geführt. In Wirklichkeit trifft aber Superstar LeBron James die Entscheidungen.

Die Chicago Bulls hatten gepunktet, neun Sekunden vor Spielende brauchte David Blatt dringend eine Auszeit. Also betrat der Coach der Cleveland Cavaliers das Spielfeld, um den Schiedsrichtern das Handsignal für ein Time-out zu geben. In diesem Augenblick wurde Blatt allerdings von einem seiner Assistenten gepackt und zurück zur Bank gezerrt: Cleveland hatte sein Auszeiten-Kontingent bereits verbraucht, zu Blatts großem Glück übersahen die Schiedsrichter das Anliegen des 55-Jährigen, anstatt es mit einem technischen Foul und Ballbesitz für die Bulls zu bestrafen. „Um ehrlich zu sein: Ich habe es fast verbockt“, sagte Blatt nach dem Spiel. Am Ende setzten sich die Cavaliers im Play-off-Viertelfinale gegen Chicago durch, der Ausrutscher des Trainers hat allerdings in den USA den ohnehin bestehenden Verdacht bestätigt: Cleveland steht nicht wegen Blatt unter den besten vier Teams dieser Saison. Sondern trotz Blatt.

Fair ist diese Schlussfolgerung nicht. David Blatt erlebt seine erste Saison als NBA-Trainer, zuvor arbeitete er in Europa, zuletzt bei Maccabi Tel Aviv. Eigentlich sollte der ehemalige russische Nationalcoach Cleveland langsam in Richtung NBA-Spitze entwickeln, dann aber kehrte Superstar LeBron James zurück zu den Cavaliers. Und Blatt sah sich dem Anspruch ausgesetzt, bereits in seinem ersten Jahr den Titel gewinnen zu müssen.

Noch kann er dieses Ziel erreichen, am heutigen Mittwoch startet sein Team in die Finalserie der Eastern Conference gegen die Atlanta Hawks mit dem deutschen Nationalspieler Dennis Schröder. So richtig zufrieden ist man in Cleveland mit Blatt aber nicht. Mehrere Male stand der Trainer während dieser Saison angeblich vor dem Rauswurf, zuletzt sah sich der Besitzer des Teams genötigt, das Gerücht zu dementieren, Blatt würde selbst nach einem Titelgewinn entlassen werden.

David Platt trainiert die Cleveland Cavaliers.

© dpa

Der starke Mann in Cleveland ist unbestritten LeBron James. Der 30-Jährige hatte großen Anteil daran, das Team nach seinen Wünschen zusammenzustellen und Mitspieler seines Geschmacks nach Cleveland zu lotsen. Im Januar sagte James zwar: „Ich bezahle hier keine Rechnungen. Hört mir zu: Ich bin nur ein Spieler.“ In Wirklichkeit bestimmt LeBron James aber das Geschehen auf dem Feld und hinter den Kulissen. Bei seiner Rückkehr nach Cleveland wurde er gefeiert wie der Messias in Turnschuhen – die Klubverantwortlichen werden alles dafür tun, ihn bei Laune und in Ohio zu halten.

Am Mittwoch beginnt das Finale der Eastern Conference zwischen Atlanta und Cleveland

Der zweimalige NBA-Champion schreckt auch nicht davor zurück, Entscheidungen seines Trainers zu überstimmen. Im vierten Play-off-Spiel gegen Chicago, kurz nach seinem Auszeit-Fauxpas, wollte Blatt seinem Team den entscheidenden Spielzug mitteilen, James sollte den Ball einwerfen. Der Superstar unterbrach seinen Trainer. „Ich habe ihm gesagt: Gib mir einfach den Ball. Entweder gibt es Verlängerung oder ich gewinne das Spiel für uns. So einfach ist das.“ James bekam den Ball und traf mit der Schlusssirene zum Sieg. Zum Time-out-Wunsch seines Coaches befragt, sagte James lapidar: „Wir sind eine Einheit. Spieler machen Fehler, Trainer machen Fehler.“

Bei aller Aufmerksamkeit für James’ Heldentaten und Blatts vermeintliche Unfähigkeit wird schnell übersehen, was der Trainer in dieser Saison geleistet hat. Blatt musste ein völlig neu formiertes Team übernehmen, das Mitte der Saison aufgrund von Verletzungen noch einmal umgebaut wurde. Zu Beginn der Play-offs kugelte sich der drittwichtigste Spieler Kevin Love die Schulter aus, der zweitwichtigste Profi Kyrie Irving schleppt sich seit Wochen mit Knie- und Knöchelblessuren über das Feld. David Blatt hat dafür auf den jungen Australier Matthew Dellavedova vertraut, der sich zu einer der Entdeckungen der Play-offs entwickelt hat.

Alle Erfolge werden ihm aber nichts nutzen, solange LeBron James nicht darauf vertraut, dass David Blatt der richtige Trainer für seine Cavaliers ist.

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