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Sport: Lebt denn die alte Borussia noch?

Mönchengladbach taumelt der Abstiegszone entgegen, doch Trainer Heynckes wird nicht infrage gestellt

Fernando Meira gehört wahrscheinlich zu den Menschen, die Jupp Heynckes großen Respekt entgegenbringen. Heynckes hat Meira einst aus Guimaraes zu Benfica Lissabon geholt und ihm so den Zutritt auf die internationale Bühne ermöglicht. Heute spielt Meira beim VfB Stuttgart, während sein Förderer aus der Vergangenheit mit Borussia Mönchengladbach in argen Schwierigkeiten steckt. Meira spürte nach dem 1:0-Sieg des VfB, was Heynckes jetzt am meisten brauchte: Zuspruch. Er eilte quer über den Platz. „Er soll den Kopf nicht hängen lassen, habe ich ihm gesagt“, berichtete der Abwehrchef des VfB. Dem alten Fahrensmann Heynckes tat das sicher gut, seine Laune aber besserte sich nicht. Er habe genug von den „Journalisten-Phrasen“, schimpfte Heynckes, die habe er sich 20 Jahre lang anhören müssen. Eine Radioreporterin hatte gefragt, ob er das Gefühl habe, die Mannschaft noch zu erreichen.

Im Moment, da der Vorsprung auf die Abstiegsplätze auf einen Punkt geschrumpft ist, fällt es den Gladbachern schwer, noch ein bisschen Zuversicht aufzutreiben. Von den letzten sieben Spielen haben sie sechs verloren und dabei ganze zwei Tore zu Wege gebracht. Die mediale Diskussion um den Job des Trainers, mit dessen Verpflichtung sich in Mönchengladbach so große Hoffnungen verbunden haben, hat längst begonnen, und wie immer in solchen Fällen, muss man nicht alles glauben, was geschrieben steht. Der „Express“ berichtete, Heynckes habe intern bereits seinen Rücktritt thematisiert, setzte hinter die Schlagzeile „Geheime Kündigung“ aber immerhin noch ein Fragezeichen. Heynckes wiederum forderte vor dem Spiel in Stuttgart mehr Respekt für sich und seine Arbeit ein.

Das Spiel beim VfB war jedoch kein Angebot zur Versöhnung mit seinen Kritikern. Überall standen die Männer vom Niederrhein und wirkten wie Schiffbrüchige, die in einem löchrigen Kahn sitzen, den nur ständiges Wasserschöpfen vor dem Sinken bewahrt. Es ging um Heynckes und seinen Kontakt zur Mannschaft. Sehr gut sei der, sagte Mittelfeldspieler Peer Kluge. Es fänden viele Einzelgespräche statt, im Training seien einige Fortschritte zu sehen, nur im Spiel habe man die noch nicht zeigen können. Wie Heynckes die Krise lösen will, deutete sich schon in Stuttgart an. Borussias Trainer, der immer wieder über Altlasten im Kader klagt, darf sich neue Spieler aussuchen. Der Präsident wisse, dass man ganz neue Strukturen aufbauen müsse, berichtete Heynckes, während Manager Peter Pander sagte, es gebe keinerlei Anlass, mit dem Trainer nicht in die nächsten Spiele zu gehen. In Sachen Neuzugänge müsse man aber erst einmal abwarten, „was passiert, wenn die vielen Verletzten zurückkommen“.

Passieren jedenfalls muss etwas, sonst sieht es in Mönchengladbach bald finster aus. Mainz und dem HSV zum Trotz: Die Borussen stellen zurzeit die schlechteste Mannschaft der Liga: spielerisch armselig, ohne Ideen, ohne taktische Disziplin und mit erschreckenden individuellen Aussetzern. Keine Mannschaft in der Bundesliga hat so oft verloren wie die Gladbacher (neunmal). Heynckes wird von seinen Kritikern vorgeworfen, dass er die ohnehin vorhandene Verunsicherung durch allzu viele personelle Wechsel noch verschärfe. In Stuttgart bot er den 19 Jahre alten Tobias Levels im defensiven Mittelfeld auf, der erfahrene Bernd Thijs musste auf der Bank bleiben. 70 Minuten lang bestand die Darbietung der Borussen aus einer unansehnlichen Kickerei. Einfachste Dinge misslangen. Nach Thijs’ Einwechslung wurde es besser. Die Mannschaft habe gezeigt, dass „sie lebt“, sagte Heynckes. Daran zogen sich alle Borussen anschließend hoch. Manager Pander sagte, man habe nur eine Chance, „da unten raus zu kommen“, wenn jetzt Ruhe herrsche. Allerdings stehen die Hoffnungen nicht allzu gut. Am Wochenende spielt die Borussia in München. Immerhin hat Jupp Heynckes, der ehemalige Trainer der Bayern, auch dort eine Menge alte Bekannte, die ihn im Zweifel trösten können.

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