zum Hauptinhalt
Er hat den Dreh raus. Diskuswerfer Robert Harting holte sich in Kassel seinen 15. Sieg in Folge.Foto: dpa

© dpa

Leichtathletik: Ende der Gemütlichkeit

Robert Harting wird mit dem Diskus Deutscher Meister, auch andere Leichtathleten sind für die WM gerüstet. Harting will "mehr Risiko" in sein Leben bringen - was meint er wohl damit?

Die Sonnenblume in seiner Hand war das einzige, was an Sommer erinnerte. Mit hochgezogenem Reißverschluss trottete Robert Harting aus dem Innenraum des Aue-Stadions in Kassel. Auf dem regennassen Diskusring war dem Berliner das Drehen schwer gefallen. Beim Aufwärmen auf der Tartanbahn war er sogar ausgerutscht und hatte sich der Länge nach hingelegt. „Der Wind hat bestimmt eineinhalb Meter gekostet“, sagte er über seine Würfe. Aber die Sonnenblume in der Hand und eine Goldmedaille um den Hals zeigten, dass Harting noch das Beste draus gemacht hatte. Mit 65,72 Meter hatte er den Deutschen Meistertitel erfolgreich verteidigt.

Es war schon Hartings 15. Sieg in Folge, auch bei einer Reihe von internationalen Meetings war er zuletzt ungeschlagen geblieben, und in fünf Wochen will er daher auch seinen Weltmeistertitel verteidigen. Bei der WM im südkoreanischen Daegu wird er jedenfalls als Favorit anreisen. Mit 68,99 Meter hält er auch die aktuelle Weltjahrsbestleistung. Trotz Wind und Regens schien ihm der Wettkampf zu gefallen. „Von der Stimmung, der Anmoderation, dem Stadion waren das glaube ich die besten deutschen Meisterschaften, die ich je erlebt habe“, sagte Harting.

Auch dieser Wettkampf ging für Harting nicht zu Ende, ohne dass der wieder etwas über seine derzeitige Lebenseinstellung erzählte. Mal findet sich Harting zu unreif, mal zu ruhig, mal zu unsicher, mal zu unkreativ. Und jetzt gerade offenbar zu langweilig. „Ich will wieder etwas mehr Risiko in mein Leben reinbringen.“ Was meint er damit? „Ich will wieder Sachen machen, von denen man sonst sagt: Nee, mache ich nicht mehr.“ Es blieb nebulös, aber vielleicht zeigt er bei der WM in Daegu, was ihm dabei vorschwebt. Beim Jubeln stülpt Harting regelmäßig sein Inneres nach außen, so war es bei der WM 2007, als er nach dem Gewinn der Silbermedaille sein Trikot zerriss oder bei der WM 2009, als er Maskottchen Berlino nach seinem Titelgewinn schulterte. „Ich möchte wieder Sachen zeigen, für die ich zuletzt zu gemütlich war.“

Harting ist einer von mehreren deutschen Athleten, die mit guten Aussichten zur WM fahren. Zu ihnen gehört auf jeden Fall Christina Obergföll. Mit 68,86 Meter wurde die Speerwerferin aus Offenburg nicht nur Deutsche Meisterin, sondern stellte auch noch einen Meisterschaftsrekord auf. Aber nicht nur beim Werfen hat die deutsche Mannschaft große Medaillenchancen in Südkorea. Auf das Siegerpodest könnte auch Malte Mohr aus München mit dem Stab springen, mit 5,72 wurde er in Kassel Meister. Oder Raul Spank aus Dresden, der in einem spannenden Hochsprungwettbewerb mit 2,31 Meter den deutschen Meistertitel mitnahm. Er verzichtete auf weitere Höhen, als er im Duell gegen seinen Vereinskollegen Matthias Haverney (2,28 Meter) als Sieger feststand, um sich für die Weltmeisterschaften zu schonen. Sein großer Herausforderer Eike Onnen aus Hannover musste dagegen seinen Wettbewerb vorzeitig abbrechen, weil seine Achillessehne schmerzte. Er ist allerdings in diesem Jahr schon 2,31 Meter gesprungen und könnte auch mit nach Daegu fahren.

Mit zwei starken Füßen kommt man in der Leichtathletik nicht nur weit, sondern auch hoch. Melanie Bauschke hat ihre beiden Füße so gut trainiert, dass die Berliner Weitspringerin nebenbei am Samstag den deutschen Meistertitel in der Höhe gewann. Über ihren Erfolg war sie selbst etwas überrascht, die beste deutsche Hochspringerin Ariane Friedrich fehlte verletzt, und 1,86 Meter Siegeshöhe waren auch nicht gerade Weltspitze. Doch dafür, dass Bauschke nur fünf Prozent ihrer Konzentration für den Hochsprung ausgibt, war es ein beachtliches Ergebnis.

„Beim Hochsprung springe ich mit dem linken Fuß ab, beim Weitsprung mit dem rechten, das fördert die Beidseitigkeit“, sagt sie. Im letzten Versuch schaffte sie 1,86 Meter. „Ich mache das mehr aus der Sprungkraft, als aus der Technik“, sagt Bauschke. Der vertikale Sprung sei eine gute Vorbereitung für den horizontalen Sprung. Im Weitsprung wurde sie mit 6,44 Meter am Sonntag Vierte. Hochsprung dürfte sich da für sie ausnahmsweise besser angefühlt haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false