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Sport: Leipzig will Paris allein überholen

Mit einem Konzept der kurzen Wege bewirbt sich die Stadt um Olympia 2012 – das erhöht die Chancen gegen große Metropolen

Berlin. Wolfgang Tiefensee hatte sich ein paar warme Worte des Trosts bereitgelegt. „Riesa hat mich mit seiner Begeisterung für Olympia fasziniert“, sagte Leipzigs Oberbürgermeister. „Und die Stadt fasziniert mich immer noch.“ Danach verkündete Tiefensee die Fakten. Erstens: Leipzig hat ein neues Bewerbungskonzept für Olympia 2012. Zweitens: Alle wichtigen Wettkämpfe werden im Umkreis von nur zehn Kilometern ausgetragen. Drittens: Andere sächsische Städte sind nicht mehr dabei – zum Beispiel Riesa.

Für Riesa bedeutet das: Statt olympischer Boxkämpfe können die Einwohner der 90 Kilometer von Leipzig entfernten Kleinstadt nur Trainingseinheiten der Athleten bestaunen. Eine sächsische Bewerbung gibt es damit bloß noch auf dem Papier. Faktisch würden alle Wettkämpfe in Leipzig stattfinden – mit Ausnahme einiger Fußballspiele und der Reiterwettbewerbe, die in Dresden und Moritzburg ausgetragen werden sollen. „Regional ist dieses kompakte Konzept nicht so leicht zu verkaufen“, gestand Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt ein. „Aber ich musste zur Kenntnis nehmen, dass die Bewerbung nur so eine internationale Chance hat.“ Leipzig tritt im Rennen um Olympia 2012 gegen Millionenstädte wie New York, Paris, London und Rio de Janeiro an.

Mit dem kompakten Konzept will der deutsche Bewerber das Internationale Olympische Komitee beeindrucken – als Stadt der kürzesten Wege und der größten Nähe zwischen Athleten und Zuschauern. „Dieser Plan ist ein Meilenstein auf einem langen Weg“, sagte der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Klaus Steinbach. In Leipzig sind nun vier sportliche Schwerpunkte vorgesehen: Im Olympiapark im Zentrum sollen ein Leichtathletikstadion und eine Schwimmarena gebaut werden. Die Ballsportarten sollen in den neuen Messehallen im Norden der Stadt ausgetragen werden, die Kampfsportarten rund um die Alte Messe im Osten. Am südlichen Rand Leipzigs soll ein völlig neuer Stadtteil entstehen, in dem die Geländesportarten und – an den Seen – die Ruderwettbewerbe vorgesehen sind.

„Wir wollen Spiele, bei denen das Menschliche zählt“, sagte Bundesinnenminister Otto Schily. Er hatte im Aufsichtsrat der Bewerbungsgesellschaft, der am Samstag in Berlin getagt hatte, auf die nationale Bedeutung der Bewerbung verwiesen. „Deutschland muss die Spiele wollen“, forderte Schily. Der Minister will Kanzler Gerhard Schröder bewegen, einen Olympia-Gipfel einzuberufen. Daran sollen neben der Bundesregierung und den Sportverbänden die Ministerpräsidenten der Länder sowie Vertreter der Industrie teilnehmen. „Das Treffen soll noch in diesem Jahr stattfinden“, sagte Schily auf Nachfrage.

In sechs Wochen trifft sich zunächst der Aufsichtsrat wieder. Dann stehen die verbliebenen Knackpunkte auf der Tagesordnung. Erstens: Wie werden die vielen Sportstätten, die in Leipzig neu gebaut werden müssen, bezahlt und wie werden sie nach Olympia genutzt? Zweitens: Wie schafft es die Stadt, genügend Hotels und Unterkünfte bereitzustellen? Drittens: Wie will Leipzig die Millionen Besucher auf engem Raum hin- und hertransportieren? „Das wird ganz schön eng“, ahnt Schily bereits. Doch auch für ihn hielt Wolfgang Tiefensee ein paar tröstende Worte bereit: „Wir werden uns als urbane europäische Stadt präsentieren.“

Er meinte Leipzig. Nicht Riesa.

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