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LEITFADEN  für Turnierfans: „Wenn er rauskommt, muss er ihn haben.“

Mit diesen Sprüchen kommen Sie auch als Fußball-Laie problemlos durch jedes Public Viewing.

„Ich bin kein Fan, ich bin nur ein Fanchen im Wind“, sagte der Musiker Pohlmann über seine nur einen Turniersommer andauernde Fußballbegeisterung. Leider kein Einzelfall. Immer wieder stehen Fußballunkundige mit zitternden Knien beim Rudelgucken – umgetrieben von der blanken Angst, in ein Fachgespräch verwickelt zu werden.

Sollten auch Sie dazugehören: Keine Panik, denn hinter den Worten der vermeintlichen Experten stecken auch nur die üblichen Plattitüden ohne Sinn und Verstand. Befolgen Sie einfach folgenden Leitfaden und Sie überstehen jedes Spiel problemlos mit den gängigen verbalen Einwürfen. Wir erklären die jeweiligen Situationen und die dazu passenden Expertensprüche.

Foulspiel der gegnerischen Mannschaft

Sie werden am Klassiker „Der hat schon Gelb“ nicht vorbeikommen. Doch das ist nur das erste Level, als richtiger Kenner offenbart man sich erst mit den Worten „Schon wieder der Fünfer“ oder „Der geht nur auf die Knochen“. Einhergehend mit der Kritik am Schiedsrichter: „Muss erst einer krepieren, dass du einmal eine Karte zeigst?“ Doch Vorsicht, ganz anders verhält es sich bei einem ...

Foulspiel der eigenen Mannschaft

Hier gehören Rechtfertigungen zum Standardrepertoire wie „Er kann sich nicht in Luft auflösen“ oder „Das ist internationale Härte“. Selbst die menschenrechtsverletzendste Blutgrätsche kann noch mit den Worten relativiert werden: „Fußball ist kein Hallenhalma.“ Natürlich ebenso einhergehend mit der Kritik am Schiedsrichter: „Der pfeift das ganze Spiel kaputt.“ Oder noch viel lieber gewählt: „Wenn er dafür eine Karte zückt, fliegen pro Spiel zwanzig Spieler vom Feld.“

Schleppender Beginn des Spiels

Die Angriffe stocken, Fehlpässe häufen sich, Unruhe macht sich unter den Fans breit. Langsam wird es Zeit, bei jedem Ballbesitz jenseits des eigenen Fünfmeterraums laut zu grölen: „Außen“ – ganz egal, ob sich letztmals während der Kanzlerschaft von Willy Brandt ein Spieler auf der Außenbahn angeboten hat. Ganz modern im Fußball-Sprech ist: „Sie bekommen keinen Zugriff auf das Mittelfeld.“ Hinterfragen Sie nicht den Sinn solcher Aussagen, tätigen Sie sie einfach. Genauso verbietet sich in der heutigen Zeit zu sagen: „Die müssen sich mehr freilaufen.“ Es mag stimmen, doch Eindruck macht man damit nicht. Sagen Sie stattdessen: „Das Spiel ohne Ball stimmt nicht.“

So ist das: Berater heißen heutzutage „consultants“, Raider heißt Twix und ein Abpraller ist nicht einfach ein Abpraller, sondern ein „zweiter Ball“.

Gutes Spiel der eigenen Mannschaft

Ein „Sauber“ oder „Geil gespielt“ einstreuen, das kann jeder. Sie sollten sich einen lockeren Kommentar für zwischendurch aufheben. Etwa: „Durch das aktive Gegenpressing in den Zonen nach Ballverlust verhindern sie das schnelle, vertikale Spiel in die Spitze.“ Sollten Sie daraufhin schräg angeschaut werden, reicht es auch vollkommen, hinterherzurufen: „Sauber!“

Anpfiff der zweiten Halbzeit

Ab jetzt ist jede Minute kostbar. Denn jetzt kommt es darauf an, wer als Erster den Knüppel der Kritik rausholt. Greifen Sie sich diese Rolle und machen Sie sich zum König der Umstehenden. Schon nach dem ersten Ballkontakt muss der Ruf kommen: „Das ist doch der gleiche Mist wie in der ersten Halbzeit!“ Gerade in Rage, sollten Sie vor allen anderen Fans Konsequenzen fordern: „Der Trainer muss wechseln!“

Torwartfehler

Das sollte Ihnen nicht mal ein Kopfschütteln abringen, bleiben Sie ruhig und sagen: „Wenn er rauskommt, muss er ihn haben.“

Auch immer gern genommen: „Fünfmeterraum gehört dem Torwart.“

Sieg der eigenen Mannschaft

Nur Laien würden jetzt in grenzenlose Euphorie verfallen, echte Experten haben schon alles erlebt und geben den Zweifler. „Nächstes Spiel abwarten.“ Selbst wenn es da gegen die alkoholgeschwängerte Feuerwehrauswahl aus Recklinghausen-Stuckenbusch geht, sollten Sie zu bedenken geben: „Wird schwer. Das haben die noch nicht gewonnen. Es geht bei 0:0 los.“

Unentschieden

Alles ist angebracht – außer der Satz: „Auch in dieser Höhe verdient.“

Niederlage der eigenen Mannschaft

Keine Zeit für Panik. Sie haben die Ergebnisse Ihrer Mannschaft seit dem Römischen Reich im Kopf, dazu die Trainingsleistungen genau studiert. Merken Sie lapidar an: „Das hat sich lange angedeutet. Jetzt rächt sich’s.“ Ron Ulrich

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