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Sport: Lennox Lewis in Reichweite

Witali Klitschko hat sich mit dem K.-o.-Sieg über Larry Donald den Weg zum WM-Kampf gegen den besten Schwergewichtler freigeboxt

Von Hartmut Scherzer

Dortmund. Fußballprofis sagen Länderspiele ab, um die Geburt ihrer Kinder mitzuerleben. Profiboxer müssen weniger sensibel sein. Drei Stunden vor dem Kampf erhielt Witali Klitschko den Anruf seiner Frau Natalie aus Los Angeles, dass er zum zweiten Mal Vater geworden sei. Mit diesem Glücksgefühl kletterte Vater Witali in den Ring der Dortmunder Westfalenhalle und schlug Larry Donald in der zehnten Runde k. o. Den Namen seiner Tochter wusste der K.-o.-Sieger noch nicht („meine Frau und ich streiten noch"), aber den seines nächsten Gegners: Lennox Lewis.

Der Showdown des Umhauers aus der Ukraine (32 Siege, 31 durch K. o.) mit dem Champion aller Champions im Schwergewicht, geplant am 8. März in Las Vegas, stehe nun vor dem Abschluss, versprach Manager Klaus-Peter Kohl. Mit seinem „Haussender", dem amerikanischen Pay-TV-Kanal HBO, habe sich Lewis bereits über die WBC-Pflichtverteidigung gegen Witali Klitschko geeinigt.

Mit seinem wiehernden Lachen und dem Wedeln zweier amerikanischer Plastikfähnchen bestätigte Boxpate Don King (71) den bevorstehenden Deal: „Peter Kohl macht einen exzellenten Job.“ Obwohl er im Geschäft mit den Klitschkos außen vor ist, stellte sich der exzentrische Selbstdarsteller mit den wie unter Strom zu Berge stehenden Haaren noch im Ring mit dem Sieger in Pose. Und andächtig wie Ministranten hörten später im „Aktuellen Sportstudio“ Witali und sein jüngerer Bruder Wladimir (boxt am 7. Dezember in Las Vegas gegen Jameel McCline) dem Redeschwall der schillerndsten Figur der Boxszene zu: „ Ihr seid Supertypen, intelligent. Amerika liebt die Klitschkos.“ Ausgenommen Larry Donald (35). Der vierfache Vater aus Cincinnati wurde in der zehnten Runde dreimal von der rechten Faust Klitschkos niedergestreckt, zwischendurch, als er verzweifelt sein Heil im Klammern suchte, zweimal auf die Bretter geschleudert.

Ringrichter Stanley Christodoulos (Südafrika) ermahnte Klitschko auch, sparte sich aber nach dem dritten regulären Niederschlag das Zählen, sondern signalisierte sofort das Ende. Bereits nach dem ersten Niederschlag hatte Klitschko „das Ende in Donalds Augen gesehen". Nach 2:35 Minuten der zehnten Runde war Larry Donald erstmals in seiner Karriere „technisch“ (Abbruch statt Auszählen) k. o. Rund 10 000 Besucher feierten bei der ZDF-Show (Quote: 10,5 Millionen Zuschauer in der Spitze, 42 Prozent Markanteil) den „Doppelsieger".

Mit seiner schnellen linken Faust, die ständig am Oberschenkel baumelte, und harten rechten Körpertreffern zermürbte Klitschko („Ich habe seine Kondition kaputtgemacht") den anfangs behenden, aber zaghaften und mutlosen Gegner. Wie alle amerikanischen Fighter, denen eine gewisse Klasse nachgesagt worden war, starrte auch Larry Donald den Riesen aus Kiew (mit 111,9 zehn Kilo schwerer und mit 2,02 zehn Zentimeter größer) mit weit aufgerissenen Augen ängstlich an. „Überleben“ hieß die Fluchttaktik. „Larry hat einfach nicht gekämpft", zürnte sein Trainer Richie Giachetti. „Er ist erstarrt.“ Das wollte der Geschlagene zwar nicht wahrhaben: „Ich bin nur zu Boden gestoßen worden und hätte weiterkämpfen können.“ Die üblichen billigen Ausreden beim Versagen.

Dabei hatte der ältere Klitschko (31) anfangs verkrampft gewirkt, ehe er zum Souverän im Ring wurde. „Witali war schon in der Kabine fest", berichtete Kohl. Die Nachricht von der Geburt, die Unsicherheit nach dem Bandenscheibenvorfall, die lange Pause „und Lewis im Hinterkopf“ hätten die Anspannung verursacht, meinte der stets kritische Trainer Fritz Sdunek. Mit seiner Ankündigung, durch K. o. zu gewinnen, habe er sich zusätzlich „eine Bürde“ auferlegt. Sdunek urteilte: „Witali war nicht so locker. Gegen Lewis müssen wir boxerisch einiges verbessern." Lennox Lewis war also das Thema, nicht mehr Larry Donald, kaum dass die Schweißtropfen bei Klitschko getrocknet waren. „Ich boxe nicht so ästhetisch wie Wladimir, aber gegen Lewis werde ich mein Bestes geben und versuchen, auch gegen ihn vorzeitig zu gewinnen.“ Im Siegesrausch posaunte Manager Klaus-Peter Kohl gar: „Wenn die erste Rechte trifft, fällt auch Lewis das Herz in die Hose."

Gemach: Lewis ist eine ganz andere Liga als die Donalds. Beim „Kaiser des Boxens“ hört dann auch Don Kings Schaumschlägerei für die Klitschkos auf: „Lewis ist außergewöhnlich. Er hat Mike Tyson buchstäblich zerstört. Wenn Lennox nicht als Tagträumer, sondern ernsthaft in einen Kampf geht, hat keiner eine Chance. Auch Witali Klitschko nicht.“

Hartmut Scherzer

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