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Lewis Hamilton hat das Establishment in der Formel 1 früh durcheinandergewirbelt. Heute zählt der 30-Jährige längst selbst dazu.

© AFP

Formel 1: Lewis Hamilton: Auf einer Stufe mit Idol Ayrton Senna

Lewis Hamilton hat nun in der Formel 1 drei WM-Titel gewonnen – so viele wie sein großes Vorbild Ayrton Senna.

Als er am Ziel war, gingen die Gedanken von Lewis Hamilton weit in die Vergangenheit zurück. Er erinnerte sich an seine Kartzeit, die erste britische Meisterschaft, und daran, wie sie damals mit seinem Vater im Auto saßen und „We are the Champions“ sangen. „Es ist einfach verrückt, daran zu denken, dass ich jetzt ein dreimaliger Formel-1-Weltmeister bin“, sagte der frisch gekürte Champion, „ich habe das alles meinem Dad und meiner Familie zu verdanken.“

Lewis Hamilton ist heute längst der Popstar der Formel 1. Partys auf den Bahamas oder in Miami, ein Foto mit Rihanna hier, ein paar Abstecher ins Musikstudio dort, zwischendurch einmal um die halbe Welt, um dann wieder auf den Punkt seine Leistung zu bringen – das alles scheint kein Problem für ihn zu sein. Die neue Freiheit, die er seit seinem Wechsel vor drei Jahren von McLaren zu Mercedes genießt, die größere Reife, die deutlich niedrigere Fehlerquote gepaart mit seinem Talent: Im Moment passt einfach alles zusammen. Und wenn es mal danebengeht, wie etwa bei einem Ausflug auf einen Schießstand in den USA, der für großen Ärger sorgte? Dann greifen die Mercedes-Oberen eben vorsichtig ein. Die von Hamilton so bereitwillig und gern genutzten sozialen Medien haben ja den großen Vorteil, dass sich etwaige Posts und Tweets auch wieder löschen lassen.

Unter globalen Aspekten ist Hamilton ein populärer Weltmeister, gerade weil er durch Lebensstil und Optik mit vielen Tattoos und schweren Goldketten auch polarisiert. Einen wichtigen Fürsprecher hat er zudem in Bernie Ecclestone. Für den Formel-1-Boss war Hamilton schon bei seinem Debüt 2007 eine „Lichtgestalt“: der erste Farbige als Formel-1-Star, der fröhliche Youngster, der unbekümmert das ganze Establishment durcheinanderwirbelt, der Familienmensch, der sich rührend um seinen unter einer Lähmung leidenden Bruder kümmert – damals wie heute eine wunderbare Geschichte.

Bis heute ist die Familie das Wichtigste für Hamilton – womöglich gerade weil sich die Eltern schon in seiner Kindheit scheiden ließen. „Ich bin nicht der Einzige in der Familie, der großartige Dinge erreicht“, sagt der Weltmeister. „Mein Dad kommt aus dem Nichts und wollte nie, dass seine Kinder solche Probleme haben wie er. Mein jüngerer Bruder ist einer der ersten Behinderten in einem Rennauto.“

Der kleine Lewis, britisches Einwandererkind mit karibischen Wurzeln, aufgewachsen im Arbeiterstädtchen Stevenage, nicht gerade einem Highlight der immer noch so klassenbewussten britischen Gesellschaft, ist heute ein Weltstar. Einer, der sich zumindest nach außen auch gern als solcher gibt, der aber auch auf der Strecke durch seine kompromisslose und angriffslustige Fahrweise viele Rennfans begeistert. In dieser Beziehung sieht er sich durchaus in der Tradition eines Ayrton Senna, seines großen Idols. Auch deshalb gibt es ihm so viel, nach WM-Titeln gleichgezogen zu haben mit dem legendären Brasilianer. „Es ist eine demütige Erfahrung, mit Ayrton Senna gleichzuziehen, der mir so viel bedeutet hat und immer noch bedeutet. Ich fühle mich heute sehr, sehr gesegnet“, sagt Hamilton. Und weiter: „Ich habe immer gesagt, dass ich die drei Titel möchte, die Ayrton hat. Er hat mich als Kind inspiriert. Es gibt keinen anderen, zu dem ich aufschaue oder den ich einholen möchte. Ich fühle, dass ich nun den Staffelstab von ihm habe, und ich werde ihn so weit wie möglich tragen.“

Fakt ist: Fährt Hamilton in seiner derzeitigen Form weiter, dann kann er bald wahr machen, was schon am Anfang seiner Karriere, nach seinem ersten Titelgewinn 2008, von ihm erwartet wurde: zum dominierenden Piloten einer ganzen Epoche zu werden, ein Ära zu prägen, wie es etwa Juan Manuel Fangio, Jim Clark, Jackie Stewart, Ayrton Senna, Michael Schumacher oder zuletzt auch Sebastian Vettel getan haben.

Allerdings fällt auch dem vermeintlichen Überflieger nicht immer alles ganz leicht: Der Stress der heutigen Formel 1 hinterlässt auch bei ihm manchmal Spuren. Vor dem Rennen in Austin brauchte er eine Auszeit. „In der Woche nach Sotschi habe ich bemerkt, dass ich mich wirklich müde fühle. Ich habe plötzlich gespürt, dass ich irgendwohin ins Warme fahren muss übers Wochenende, um einfach zu entspannen und zu chillen.“ Der Fluchtpunkt Miami war die Lösung. „Ich habe ein paar Freunde und die Hunde mitgenommen und ein paar Tage lang gar nichts gemacht. Wir hatten eine tolle Zeit und ich habe viel Musik gemacht, auch Klavier gespielt.“

Sein neuestes Hobby, „auch wenn es mir mein straffer Terminplan derzeit nicht erlaubt, ernsthaften Unterricht zu nehmen“. Die Lösung ist einfach: „Wenn ich irgendwo ein Klavier finde, auch in der Empfangshalle eines Hotels, dann gehe ich auf Youtube und suche mir ein paar Songs zum Üben aus.“ In der Winterpause der Formel 1 soll allerdings ein professioneller Lehrer nachhelfen.

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