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Sport: Liebesentzug für Leverkusen

Der Vizemeister bekommt nach dem 2:3 gegen den Hamburger SV erstmals den Zorn der Fans zu spüren

Leverkusen. Oft wurde getrauert in den vergangenen Jahren in der schmucken Leverkusener Bayarena. Zu viele zweite Plätze, zu viele entscheidende Niederlagen. Doch eigentlich immer war den einheimischen Spielern, da ihnen der Kampfgeist nicht abgesprochen wurde, wenigstens ein aufmunternder Beifall sicher. Und Sympathiebekundungen. Doch von alldem, das bemerkten die Leverkusener Profis nach der desaströsen 2:3-Niederlage gegen den Hamburger SV, ist nun wenig bis nichts mehr übrig geblieben.

Thomas Brdaric, der zuvor schon ungeliebte Stürmer, wurde fies beschimpft und ausgepfiffen, als er nach dem Duschen in sein Auto steigen wollte. Dann schallte „scheiß Millionäre“ von der Balustrade in die ungeschützte Mixed-Zone hinunter, und: „Außer Kirsten könnt Ihr alle gehen“. Sie verhöhnten Carsten Ramelow, diesen Prototyp des Fußballarbeiters. „Ihr sammelt doch lieber Ferraris als Fußball zu spielen“, pöbelte einer aus dem angetrunkene Mob. Als Bernd Schneider, um die Fans zu beruhigen, an den Zaun schritt, da warf ihm ein erboster Fan lauthals vor: „Seit dem Bayern-Spiel habt Ihr keine Einstellung mehr gezeigt.“ Ohne etwas zu entgegnen, wandte sich der Mittelfeldspieler daraufhin ab. Um seine müden Augen hatte sich eine tiefe Traurigkeit gelegt. Und Resignation. Und Ratlosigkeit. Nichts geht mehr in Leverkusen.

Es war ein in mehrfacher Hinsicht kurioses Spiel gewesen. Eines mit zwei Halbzeiten, die gegensätzlicher nicht sein konnten. Bereits nach 140 Sekunden war Gast nach feiner Vorarbeit von Barbarez durch Romeo in Führung gegangen, nachdem die gesamte Leverkusener Abwehr geschlafen und auch Keeper Jörg Butt sich zu spät zum Herauslaufen entschlossen hatte. Anders als in vielen Heimspielen weckte dieses Tor die zunächst ziemlich komatöse Truppe von Trainer Klaus Toppmöller. Sie erkämpfte und erspielte sich Chance auf Chance, und bereits in der 11. Minute konnte Hanno Balitsch nach perfektem Zuspiel von Schneider den Ball aus etzehn Metern in das rechte Eck platzieren.

Und in der 22. Minute war der anfängliche Lapsus ganz und gar korrigiert, als Bastürk nach erneuter Vorlage von Schneider den Ball aus 18 Metern im Tor unterbringen konnte, unhaltbar abgefälscht durch HSV-Abwehrspieler Hertzsch. In der Folgezeit nahm der Gastgeber die in den ersten 45 Minuten dilettantisch stehende HSV-Formation auseinander, doch weder Neuville, Lucio und Berbatov, der allein vier Großchancen versiebte, konnten die Vorentscheidung erzwingen. „Da haben wir viel Glück gehabt“, sagte HSV-Trainer Kurt Jara.

Doch dann brach Leverkusen erneut ein, wie schon beim Mittwoch-Spiel gegen den FC Barcelona. Der Vizemeister kassierte schnell den Ausgleich, als Romeo völlig freistehend eine Flanke von Stephan Kling einschieben konnte. Schließlich implodierte Bayers Spiel vollends. Kein einziger Schuss oder Kopfball flog bis zur Nachspielzeit auf das HSV-Tor. Dass nur noch das 2:3 durch Barbarez fiel, lag allein an der ebenfalls kläglichen Hamburger Offensive, die die großen Lücken in der Leverkusener Abwehr nicht konsequent nutzen konnte. Trainer Klaus Toppmöller wusste danach, was die Stunde geschlagen hat: „Wir sind mitten im Abstiegskampf.“

Leverkusens Fans hoffen, dass die Spieler dies auch verstanden haben.

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