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Sport: Liebste Liga…

Vorsicht! Der Bekennerbrief eines weißen, männlichen Bayernfans

Bundesliga, Licht meines Lebens, Feuer meiner Lenden. Mein Laster, meine Seele. Bun-des-lii-ga: in drei Zungenschlägen erfüllt dein Name meinen Mund und öffnet ihn in staunender Ungeduld. Bun. Des. Liii. Ga! Endlich zurück, du, mythische Urschlampe, Lustmutter, zeitloses Kind.

Oh Liga, meine Liga, in glitzerndem Schein sehe ich dich vor mir, Sommer 1980 war es, als es für uns begann. Barbrüstig, ohne Schoner und mit den viel zu tief hängenden Höschen Paul Breitners recktest du deine dicht bemoosten Arme zitternd gen Himmel.

Wir wurden Meister in dieser Partie, du warst zarte 17, ich 7 Jahre alt. Mein erstes Mal, liebste Liga, und gar süß schmeckte der Saft deiner silbernen Schale.

Es würde, hauchtest du mir ins Ohr, in Zukunft nicht immer so fein kommen können – aber immer öfter. An diesem Tag durfte ich es spüren, jenes Kribbeln zwischen den Schulterblättern, das ich auch heute noch spüre, deine warmen Schauer erwartend, die sich erlösend ergießen, wenn sich Neugier, Ballgefühl, Zuneigung und Ekstase im gemeinsam geteilten Spiel glücklich durchdringen.

Ich war noch zu jung, um dein vieldeutig schimmerndes Wesen zu erahnen, zu jung auch, um mich über Städte zu bekümmern, die Bremen oder Hannover heißen und in denen tatsächlich Menschen leben, ein paar Tausende jeweils, deren fremdartige Vorlieben du selbst heute noch mit geschulter Hingabe zu bedienen weißt.

Wir verstehen diese Menschen zwar nicht, und doch teilen wir ihre Passion, ihre Verlorenheit an dich. Wer, liebe Liga, deine Lust wirklich liebt, der kann dich nicht allein besitzen wollen, wird nicht anstreben, die lose Bewegung deiner Zuneigung souverän zu kontrollieren. Ein Geschöpf wie du bleibt geschaffen, uns allen zu gehören.

Sehr lange achteten und ehrten wir dich, launische Liga, als unstet lüsterne Diva. Doch bedrückt uns heute die ernste Ahnung, ob deine zu regelmäßig erwiesene Gunst nicht doch eine ganz und gar käufliche geworden sei?

Wunderlich wäre es nicht, pflegt ein Unmaß an Geld doch gerade den Charakter derer zu verderben, die keinen haben.

Sorglos, liebste, beste, reife Bundesliga, scheinst du in eine Zone der Ungleichheit geschlendert, deren bedrohliche Fairnessferne gar deine eigene Attraktivität auf dem Markt bedroht. Und bereits ein unscharfer Blick auf das Gehabe deiner Luden genügt, um zu erkennen, dass bei ihnen eine ganz neue Form der Freiheit Einzug hielt: die Ablösefreiheit.

Was wir wollen, liebste Liga, welch seltene Lustdienste wir von dir und deinen Knaben erbitten? Nun, the same procedure as every year!

Im Wesentlichsten haben sich unsere Bedürfnisse nicht geändert. Wir wollen uns an deiner ursprünglichen Vitalität berauschen, die ganze Skala menschlichen Empfindens, wollen, dass deine gewitzte Spielkunst die Fülle der Welt vor uns ausbreitet, wir wollen mit dir im Übergang zwischen Tragödie und Komödie stehen, wollen, dass du Größte und Talentierteste wie Geringfügigste, Unfähigste und Törichte in ihrer ganzen Eigenheit freigibst, und sie alle um ihrer selbst willen lieben lehrst.

Und selbstverständlich, liebe Liga, wollen wir unbedingt, dass es wieder tüchtig zur Sache gehe. Wir wollen Latex, Lack und Leder. Wir wollen die Schau und nicht die Show, dein Ereignis, kein Event, wollen, was du willst, dass wir wollen sollen, und wollen dafür auch gerne hunderte Kilometer auf den Knien rückwärts zu deinen Tempeln kriechen, liebste, angebetete, ewig junge Liga. Alles wollen wir, wirklich alles, nur nicht das Maoam vom letzten Jahr.

Wir wollen vor allem, dass du aufhörst, uns liebenden Bayern so schändlich treu zu sein. Wir wollen, du Gute, wieder um dich kämpfen müssen, wollen sehen, dass du uns, sparsam schwäbisch benetzt, mit lasziv züngelndem Mund dort betrügst, wo wir es doch am allerwenigsten erwarten.

Wollen, dass du von elf zickigen Berlinern, die alle Hertha heißen, frontal, sowie von elf nackenden Knappen im Nacken, aufs Heftigste angegangen wirst, wollen, dass du uns ins dieser spannend unübersichtlichen Lage neckisch an die Schwelle des Wahnsinns tanzt, um dich dann, langsam, ganz langsam, Bun-des-liii-ga, in der Nachspielzeit des 34. Spieltages, für uns, liebes Kind, und nur für uns, aus deinen hautengen Lederhosen zu schälen, ohne dass Paul Breitner gleich seinen Senf dazu gäbe. Ach ja!

Das alles wollen und erhoffen wir, dieses Jahr, und, schau mir in die Augen, liebste Liga, im Prinzip wissen du und ich doch ganz genau, dass du es, damals wie heute, auch willst.

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