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Deutschland - Russland

© ddp

Lukas Podolski: Der Anti-Kuranyi

Lukas Podolski kennt Kuranyis Nöte. Beim FC Bayern vermisst er den Rückhalt des Trainers und sitzt oft nur auf der Bank. Anders im Nationalteam: Dort ist er gesetzt und genießt viel Vertrauen.

Am Tag danach ist auch Lukas Podolski zur wichtigsten Personalie des Wochenendes vernommen worden: Er sollte sich zur Flucht des Ersatzspielers Kevin Kuranyi aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft äußern, der Zeuge aber verweigerte die Aussage. Aus Verständnis für den Schalker? Aus schlechtem Gewissen? Nein! Aus gutem Grund. Der Stürmer des FC Bayern München sah den erfolgreichen Auftritt der Nationalmannschaft gegen Russland durch die Causa Kuranyi und ihre mediale Begleitung ungebührend in den Hintergrund gerückt. Deshalb wollte er die Sache nicht weiter befeuern.

Gegen Russland schoss Podolski das 31. Tor im 58. Spiel

Schade, denn im Grunde ist Podolski der ideale Experte in dieser Angelegenheit. Er kennt Kuranyis Nöte – weil er bei den Bayern selbst fast nur auf der Bank sitzt; und er hat das, was Kuranyi immer vergeblich erstrebte: einen Stammplatz in der Nationalmannschaft. Bei Bundestrainer Joachim Löw ist Lukas Podolski eine Art Anti-Kuranyi: geschätzt, gesetzt, getätschelt. Am Samstag bestritt Podolski im vergleichsweise zarten Alter von 23 Jahren sein 58. Länderspiel, und als Kuranyi noch auf der Tribüne saß, erzielte der Münchner sein 31. Länderspieltor, so scheinbar leicht und folgerichtig, wie es ihm nur im Nationaltrikot gelingt. In der ewigen Torschützenliste des Deutschen Fußball-Bundes liegt Podolski nun auf Platz 13, gleichauf mit dem Vorkriegsstürmer Ernst Lehner. „Kenn ich nicht“, sagte Podolski. Etwas geläufiger sind ihm die Namen, mit denen er in der gerade angelaufenen WM-Qualifikation die meisten Tore (drei) erzielt hat, internationale Größen wie Wayne Rooney oder David Villa. Ach, sagt Podolski, „das ist momentan ’ne Momentaufnahme“.

Klinsmann hat ihm in München noch keine echte Chance gegeben

Seine Leistungen in der Nationalmannschaft reichen längst über den Moment hinaus. Bundestrainer Löw hat den Nationalmannschafts-Podolski vor kurzem in eine Reihe mit den Besten seiner Zeit gerückt; doch es gibt eben auch noch den Bayern-Podolski, der von seinem früheren Förderer Jürgen Klinsmann im Rang eines Herausforderers für die Platzhirsche Klose und Toni gehalten wird. Eine echte Chance hat er in dieser Saison in München noch nicht bekommen, nicht als Klose kriselte und auch nicht als Toni stümperte. Podolski stand zwar in allen zehn Pflichtspielen auf dem Platz, nur dreimal allerdings in der Startelf, und zuletzt musste er sich von Manager Uli Hoeneß auch noch dafür schelten lassen, dass die Bayern gegen Bochum eine 3:1-Führung verdaddelten. Als Stürmer!

Lukas Podolski lebt und spielt längst in zwei Welten, und es gibt keinen Zweifel, welche er für die beste aller Welten hält. Als er nach dem Sieg gegen Russland vor die Journalisten trat, witzelte er: „Ich möchte keine Fragen zu den Bayern gestellt bekommen.“ Wenn Podolski bei der Nationalmannschaft weilt, kann er sogar über seine Situation in München lachen. Vielleicht weil sich seine Situation nur noch humoristisch ertragen lässt. „Es ist ganz einfach“, hat Podolski geantwortet, als er sein Wohlbefinden im Kreis der Nationalmannschaft erklären sollte. „Beim FC Bayern spiel’ ich nicht. Hier spiel’ ich.“

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