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Letzter Kick. Nach dem Wechsel zum FC Arsenal muss Podolski zeigen, dass er auch in einem Spitzenklub mithalten kann. Foto: AFP

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Lukas Podolski: Karriere am Knotenpunkt

Lukas Podolski ist das ewige Talent des deutschen Fußballs – doch in der Nationalelf reicht das nicht mehr. In den jüngsten fünf Länderspielen schaffte er es nur einmal in die Startelf.

Das vergangene Wochenende ist für Lukas Podolski alles in allem sehr erfreulich verlaufen. Mit dem FC Arsenal hat er 3:1 in West Ham gewonnen; tags darauf war Podolski Augenzeuge, als der FC Bergheim 2000, der Klub seiner Heimatgemeinde, im Lukas-Podolski-Sportpark durch einen 4:1-Sieg gegen Düren 99 die Tabellenführung in der Bezirksliga festigte. Allein das 1:1 des 1. FC Köln gegen Dynamo Dresden dürfte Podolski am Montagabend als Stadionbesucher nicht ganz zufriedengestellt haben. Schön war es trotzdem, die alten Kumpels mal wieder- zusehen. Lukas Podolski befindet sich gerade auf einer Sentimental Journey in die Heimat, inklusive dem Aufenthalt bei der Nationalmannschaft, die morgen in Dublin gegen Irland spielt. „Das ist immer eine besondere Atmosphäre“, sagt Podolski. Und nur, weil er bei Bundestrainer Joachim Löw zuletzt den Status als Stammspieler eingebüßt hat, „heißt das nicht, dass die Stimmung direkt runterfällt“.

Für den Gefühlsmenschen Podolski war die Nationalelf immer ein wichtiges Korrektiv zu den oft beschwerlichen Phasen im Verein. Egal, ob er bei Bayern München nur auf der Bank saß oder mit dem 1. FC Köln gegen den Abstieg spielte – in der Nationalmannschaft hat der Stürmer stets verlässlich seine gute Laune wiedergefunden. Im Moment aber sieht es ein bisschen so aus, als würde sich die Geschichte in ihr Gegenteil verkehren.

In der Nationalelf läuft es nicht richtig, dafür hat sich Podolski beim Londoner Spitzenklub Arsenal weit besser eingefunden, als ihm viele das nach seinen bescheidenen Auftritten bei der Europameisterschaft zugetraut hätten. „Wir alle sind mit der Entwicklung von Lukas in England sehr zufrieden“, sagt Löw. Das Feedback, das der Bundestrainer aus London bekommt, fällt bisher ebenfalls sehr gut aus, und Podolskis Leistungsdaten sind es auch. In neun Pflichtspielen erzielte der Neue aus Deutschland vier Tore, zwei weitere bereitete er vor. „Ich habe mich seit dem ersten Tag sehr wohl gefühlt“, sagt Podolski. „Das System, das wir spielen, liegt mir, und auch der Trainer ist sehr gut.“

In der Nationalmannschaft hingegen, bisher so etwas wie Podolskis persönlicher Wellnessbereich, steht der frühere Kölner inzwischen auf der Kippe. In den jüngsten fünf Länderspielen schaffte er es nur einmal – im verlorenen EM-Halbfinale gegen Italien – in die Startelf. Und da war seine Leistung so bescheiden, dass er bereits zur Pause ausgewechselt wurde. „Ich weiß selber, dass ich es besser machen kann“, sagt Podolski. Seine dürftigen Auftritte bei der EM, dazu die neue Konkurrenz auf den offensiven Außenpositionen mit den aufstrebenden Jungstars André Schürrle und Marco Reus – das alles hat fast zwangsläufig zu der Frage geführt: Was kann Lukas Podolski der Nationalmannschaft eigentlich noch geben?

Die Karriere des gebürtigen Polen ist gerade an einem wichtigen Knotenpunkt angelangt: Gibt er sich damit zufrieden, für immer der lustige Prinz Poldi zu bleiben? Oder kann er doch noch ein König werden? Über Podolskis Begabung muss man nicht diskutieren. Gemessen daran aber ist in inzwischen fast zehn Jahren als Profi eindeutig zu wenig herausgesprungen. Bei den Bayern war er ein Mitläufer, in Köln einfach zu weit vom internationalen Top-Niveau entfernt, und auch in der Nationalmannschaft läuft Podolski Gefahr, mit seinen Altersgenossen als Knapp-vorbei-Generation in die Geschichte des deutschen Fußballs einzugehen.

Andererseits ist er mit 27 auch noch jung genug, um seiner Karriere noch einmal einen Kick zu geben. Die ersten Wochen bei Arsenal deuten jedenfalls darauf hin, dass Podolski den Wechsel als Neustart begriffen hat und beweisen will, dass er auch Spitzenmannschaft kann. Bei den Bayern (2006 bis 2009) hat er diesen Beweis nicht erbringen können. Podolski fremdelte erkennbar mit dem extrem leistungsorientierten Umfeld, ihm fehlte die Nestwärme des FC genauso wie die Aussicht auf den Dom. Bei Arsenal hingegen scheint ihm die Integration, trotz fremder Sprache, fast spielend zu gelingen. Vielleicht ist das auch eine Frage des Alters und der Erfahrung. „Es ist zu früh zu sagen, dass alles positiv ist“, sagt Podolski. „Mein Ziel ist es, auch in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren zu spielen und erfolgreich zu sein.“

In seiner Münchner Zeit hat Podolski es nie geschafft, sich vom Rheinland und Köln abzunabeln. In London gibt er sich offener für das Neue, das Andere. Auf Arsenals Fernsehkanal war Podolski vor kurzem bei einer besonderen Englischstunde mit der Klublegende Ray Parlour zu sehen. Der Neuzugang aus Deutschland wurde in die Eigenheiten des „Cockney Rhyming Slang“ eingeweiht. Das Wort, das man eigentlich benutzen will, wird dabei durch eins ersetzt, das sich reimt; aus „Pub“ wird also zum Beispiel „Rubber dub“, aus „Beers“ „Britney Spears“. Parlour war ehrlich begeistert von Podolskis Eifer. „Du bist ein großartiger Schüler“, schwärmte er. „Du lernst so schnell.“

Nicht schlecht für jemanden, dem immer nachgesagt wurde, dass er sich auf dem Fußballplatz schon lange nichts mehr beibringen lasse.

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