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Marcel Reif. TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

© dpa

Marcel Reifs Kolumne: Romantische Freude über die Mainzer

Ist es eine Laune des Schicksals, dass Mainz sich an der Tabellenspitze festsetzt? Marcel Reif kommentiert die Bundesliga.

Ein Betriebsunfall? Wenn das Zufall war, was Lewis Holtby in der 15. Minute des gestrigen Spitzenspiels, ja, Spitzenspiels, mit Daniel van Buyten machte, wenn das nur Glück war, wie Sami Allagui anschließend mit der Hacke Philipp Lahm und Jörg Butt narrte und zur Führung vollendete, dann kann auch Ostern und Weihnachten an einem Tag sein. Das wird nicht passieren, aber Mainz 05 wird noch viel Freude bereiten. Keine Frage, der FC Bayern war schlecht gestern, war unsicher am Ball, langsam im Denken wie der Wiesn-Besucher nach der dritten Maß, war ebenso apathisch und kam nur zum vorübergehenden Ausgleich, weil Bo Svensson wohl auch schon einen Liter genommen hatte vor seinem Rückpass per Kopf ins Tor. Aber all das erklärt die Mainzer Stärke nicht.

Gewiss, Mainz hat nicht mit Nachwehen der WM zu kämpfen, hat keine Armada von ermatteten Nationalspielern durchzuschleppen und mit ziemlicher Gewissheit werden sie am Ende auch nicht die Meisterschaft feiern können – wie wohl auch der FC Bayern nicht auf Platz acht bleiben wird. Aber all solche Relativierungen ändern nichts daran, dass sie in Mainz exzellente Arbeit machen. Dass sie ihre Möglichkeiten betrachtet haben, die bescheiden sind, und nun daraus das Beste machen. Andere machen es nicht so gut. Es gibt Manager in der Liga, es gibt gute Manager und sehr gute Manager. Zu letzteren ist Christian Heidel zu zählen. Es gibt auch Trainer in der Liga, gute Trainer und solche, die sehr gut sind. Wie Thomas Tuchel. Ein A-Jugendtrainer, der reifen durfte, dem Zeit gelassen wurde, der sich Gedanken macht über die Möglichkeiten und der akribisch arbeitet. Wie einst Jürgen Klopp, der auch reifen durfte in Mainz und heute nach der Machtübernahme im Revier sich anschickt, mit seiner Borussia aus Dortmund den Rest der Liga aufzumischen.

Sicher, die Realisten werden sagen, dass diese Mainzer zu jung sind, zu grün, um nachhaltig an der Meisterschaft knabbern zu können. Und damit werden die Realisten wohl recht haben. Aber wir Romantiker des Fußballs, die wir uns freuen über die Durchschlagkraft der Mainzer Unbekümmertheit, wir haben auch recht mit unserer Freude.

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