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Marcel Reif: TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

© dpa

Marcel Reifs Kolumne: So gut wie die anderen

Wenn beim Titelgewinn 2011 noch Euphorie Vater des Erfolges war, so ist es in diesem Jahr die Fehleranalyse Jürgen Klopps. Wenn die Borussen jetzt noch Souveränität lernen, dann sind sie auf der Höhe der anderen, der Bayern.

Es gilt den Deutschen Meister zu feiern, zu würdigen, ihn Lob zu preisen. Diese Titelverteidigung der Dortmunder Borussia ist jedenfalls eine der bemerkenswertesten, erstaunlichsten Geschichten seit Langem. Vor allen Dingen ist sie aller Ehren wert und deswegen lohnt sich ein Blick zurück.

Vor vier Jahren kam Jürgen Klopp nach Westfalen. Das lief zu Anfang keineswegs rund, das ruckelte, das zwickte und zwackte, und dass dieser Klopp sich mal gleich von den Publikumslieblingen Petric und Frei trennte, verbesserte die Stimmung auch nicht. Aber dem lag ein Plan zugrunde, und in den Plan passten die beiden eben nicht. Der Plan: Wir stellen alles auf Anfang, drehen alles auf Null und fangen von vorne an. Mag sein, dass es ein glücklicher Umstand war, dass alle Beteiligten jede Menge in ihrem eigenen Bereich zu tun hatten und sich so nicht einmischen konnten in die Arbeit der anderen. Der Geschäftsführer Watzke, ja, ja, ist schon gut, Geschäftsführer und nicht Präsident, der hatte einen Verein zu entschulden, der nach allem Finanzwissen nicht mehr zu entschulden war. Das hat er geschafft, Borussia schreibt heute beachtliche schwarze Zahlen. Der Manager Zorc hatte Spieler zu finden, irgendwo in der Welt, irgendwo, wo es billig ist. Er fand Kagawa in der zweiten Liga Japans, Lewandowski, Bender bei den Löwen in München und Piszczek, der bei Hertha demonstriert hatte, dass er eigentlich gar nichts kann. Sie haben ihre verborgenen Fähigkeiten dennoch erkannt und heute zehren sie von einem Kader, der mindestens so gut ist wie der der anderen, der aus dem Süden.

Schließlich Jürgen Klopp. Der hat sich nicht beeindrucken lassen von allen Rückschlägen, der hat seinen Plan verfolgt und es war ein guter Plan. Die Meisterschaft in der vergangenen Saison, man mag sagen, dass sie einem Höhenflug geschuldet war, dass Euphorie Vater des Erfolges war. Sie hatte ihren Preis, der beste Spieler, Nuri Sahin, ging. Und anfangs lief es auch holprig, in die Champions League marschierte Borussia besoffen vor Glück, dort mitspielen zu dürfen, aber auch so besoffen, dass sie vergaßen zu spielen. Aber dann haben sie dort auch diesen Misserfolg analysiert, Lehren daraus gezogen und sich korrigiert. Gute Güte, sie hatten zwischenzeitlich acht Punkte Rückstand auf die anderen. Aber sind sie nervös geworden? Mitnichten. Alles ist gut, alles wird gut. Und wenn Großkreutz jetzt aufhört, auf Asamoah einzuschreien und Subotic Robben in Ruhe lässt, wenn sie sich auch noch souverän verhalten und nicht mehr die anderen zum Maßstab nehmen, sondern nur sich selbst, dann sind sie auf der Höhe dieser anderen, dieses FC Bayern München.

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