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Ski Alpin Abfahrt Damen - Training

© dpa

Maria Riesch: Die Vorsicht fährt noch mit

Maria Riesch will in dieser Skisaison im Riesenslalom und Slalom und im Gesamtweltcup angreifen – allerdings fährt sie nach zwei Kreuzbandrissen anders als früher.

Am Eingang des Salons standen Kellnerinnen mit gefüllten Sektgläsern, dahinter, direkt vor einem großen Wandteppich, hatten sie eine kleine Bühne aufgebaut. Jetzt stand Mara Riesch dort oben, präsentierte auf einem kleinen Trikot eine Nummer und lächelte routiniert. Es war das übliche Ritual der Startnummern-Ausgabe – diesmal als Sektempfang ausgerichtet im Schloss-Hotel in Lake Louise, in den kanadischen Rocky Mountains. Maria Riesch hatte die 19 gezogen; als 19. startete sie also beim Super-G der Frauen im Ski-Weltcup. Am Sonntag reichte es für Riesch in ihrer Paradedisziplin nur zum 24. Platz.

Ihr Lächeln war allerdings schon verschwunden, als sie vor dem Salon stand. „Bei diesen Witterungsbedingungen kann die 19 sehr schnell eine ganz schlechte Nummer sein“, hatte Riesch am Samstagabend gesagt. „Das kann zum Lotteriespiel werden.“ Am Samstag musste die Abfahrt abgesagt werden. Der Wind wehte zu stark, ein fairer Wettbewerb war nicht mehr möglich. „Lieber eine Absage als ein unfairer Wettbewerb“, sagte Riesch, als sie wieder im Zielbereich stand. Andererseits, „ärgerlich war das schon“. Schließlich war sie doch gerade gut in Form. Am Freitag, bei der ersten Abfahrt in Lake Louise, war sie als Dritte ins Ziel gerast. Einen Rang vor Gina Stechert vom SC Oberstdorf, die mit ihren 21 Jahren damit den bislang größten Erfolg ihrer Karriere erreicht hatte.

Die große Konkurrentin Lindsey Vonn gewinnt plötzlich auch im Slalom

Für Maria Riesch hatte dieser dritte Platz enorme Bedeutung. Er zeigte ihr, dass sie sich auf ihre Stärken verlassen kann. Die Speed-Disziplinen, Abfahrt und Super-G, das sind eigentlich ihre Pluspunkte. Nur hat sie die im Sommer kaum trainiert. Sie konzentrierte sich auf Slalom und Riesenslalom. Eine strategische Entscheidung mit der die 23-Jährige ihrem Ziel entscheidend näher kommen will. Maria Riesch aus Garmisch-Partenkirchen, die Dritte des Gesamtweltcups des vergangenen Jahres, will endlich die große Kristallkugel.

Der Druck ist enorm. Alle wollen diese Kugel. Riesch selber sowieso, aber auch Trainer, Funktionäre, Medien, Sponsoren, die Fans. „Jeder spricht mich darauf an“, sagte Riesch schon vor Wochen. Nur macht es ihr im Moment wenig Freude, darauf zu antworten. Daran ist das finnische Levi schuld. Dort fuhr Riesch Mitte November beim Weltcup-Slalom auf den dritten Platz. Ein gutes Resultat. Eigentlich. Nur dass diesen Slalom Lindsey Vonn gewann. Ausgerechnet jene Amerikanerin, die noch nie einen Slalom gewonnen hatte. Ausgerechnet jene Frau, die den Gesamt-Weltcup im vergangenen Jahr gewonnen hatte. Riesch hat nur eine Chance, die Trophäe zu holen, wenn sie der überragenden Abfahrerin Vonn im Slalom und Riesenslalom viele Punkte abnimmt. Doch wenn Vonn jetzt auch im Slalom schnell fährt, dann kann Riesch ihre Pläne vergessen.

Die Bilder ihres schweren Sturzes kommen immer noch hoch

Deshalb war das Lächeln der 23-Jährigen vor dem Salon auch nicht bloß wegen der Startnummer verschwunden. Irgendjemand erwähnte den Gesamt-Weltcup, und Rieschs Miene verdüsterte sich. „Über dieses Thema müssen wir ja jetzt nicht mehr reden“, erwiderte sie. „Ich bin Realistin. Wenn Lindsey weiter so wirbelt, habe ich keine Chance.“ Gewirbelt hatte die Amerikanerin auch bei der ersten Abfahrt in Lake Louise am Freitag. Siegerin des Rennens: Lindsey Vonn.

Zudem lautet die große Frage: Wie sehr kann Mara Riesch nach zwei Kreuzbandrissen am Limit fahren? In Lake Louise konnte sie die Frage mit einem dritten und einem 24. Rang nicht beantworten. Vor wenigen Tagen fuhr sie beim Riesenslalom in Aspen als 16. durchs Ziel. Sie war auf Nummer sicher gegangen. Da waren wieder Bilder von ihrem Kreuzbandriss vor drei Jahren hochgekommen. Das Band war in Aspen gerissen. „Ich habe mich nicht getraut, der Sturz fuhr im Hinterkopf mit. Im Unterbewusstsein ziehe ich da eben die Handbremse an.“

Gina Stechert fuhr völlig gelöst bei der Abfahrt in Lake Louise. Für Riesch kam der vierte Platz nicht überraschend. „Das hat sich seit zwei Jahren angedeutet. Sie fuhr im Training oft gleich schnell wie ich oder manchmal sogar etwas schneller.“ Sollte sich Stechert in der Spitzengruppe etablieren, Riesch würde es freuen. Zwei starke Frauen wären andererseits gut für die Außendarstellung. „Außerdem kommen wir gut miteinander aus“, sagte Riesch. Und wenn beide doch mal etwas Kritisches bereden müssen, können sie das auf dem ganz kurzen Dienstweg machen. Sie teilen sich nämlich ein Zimmer.

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