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Mario Gomez: Einer besiegt Elf

Klatsche für Wolfsburg: Stürmer Mario Gomez schießt beim 4:1 über Spitzenreiter Wolfsburg alle Tore für Stuttgart.

Felix Magath wusste seine Unzufriedenheit auszudrücken. In der Stuttgarter Arena ging gerade eine rauschende Party ab, die jeder Meisterfeier zur Ehre gereichen würde. 55 000 Zuschauer bejubelten den alles überragenden Mario Gomez für seine vier Treffer und bedachten auch seine Mannschaftskameraden mit frenetischem Beifall und einem Fahnenmeer aus rot und weiß. Die Sieger schritten die Tribünen wie im Triumphmarsch ab. Und da am Mittelkreis, hübsch aufgereiht, einer neben dem anderen, da turnten die Verlierer aus Wolfsburg und machten gymnastische Übungen wie beim Deutschen Turnfest.

Es muss in diesem Moment für die Wolfsburger die Höchststrafe gewesen sein, mitten im Jubel eine derartige Niederlage aufzuarbeiten und mit Zweifeln fertig zu werden, die nach der deutlichen 1:4-Niederlage und unglaublichen vier Toren von Mario Gomez nun wachsen. Der Punktevorsprung des Tabellenführers ist mit einem Schlag dahin und besteht nur noch aus zwei Toren vor dem Tabellenzweiten Bayern München. Hertha ist mit nur einem Punkt Abstand dran, und der VfB Stuttgart hat seinen Rückstand auf zwei Punkte verkürzt.

„Der VfB hat uns vorgemacht, wie aggressiv man in ein Spiel gehen muss", sagte Wolfsburgs Spielmacher Zvjezdan Misimovic. Vor allem Mario Gomez, der nicht nur vorne nach Belieben traf, sondern auch in der kritischen Phase, als Wolfsburg nach dem 1:2-Anschlusstreffer Mut schöpfte, hinten aushalf und rackerte. Dass Stürmer mit schwäbischem Hintergrund Tore in Serie schießen, hat durchaus Tradition. Ottmar Hitzfeld schoss einmal sechs, Jürgen Klinsmann fünf in einem Spiel. Gomez traf nun viermal, was ihn auf 23. Saisontore kommen lässt, womit er den Wolfsburger Grafite in der Torjägerliste einholte.

„Es wäre mir lieber gewesen, wenn wir Wolfsburg heute überholt hätten, als dass ich Grafite einhole", sagte Mario Gomez und lobte danach so ziemlich jeden seiner Teamkollegen. Dann warnte er noch: „Auch wir können von anderen immer noch eingeholt werden. “

Von der Meisterschaft, die jetzt plötzlich wieder möglich scheint, sprach nur Ludovic Magnin, der beim VfB als spaßiger Sprücheklopfer gilt und solche Behauptungen aufstellen darf. „Wir können es schaffen“, sagte der Schweizer, „wir können Deutscher Meister werden".

Das schnelle Auftakttor von Gomez, der nun immer schwerer für die Stuttgarter zu halten sein wird, half dabei. Kaum 30 Sekunden waren vergangen, als der Nationalstürmer nach einer Flanke von Thomas Hitzlsperger traf. Beim 2:0 in der 20. Minute zeigte sich, dass die Stuttgarter Gomez durchaus gerne als Torschützenkönig sehen würden. Cacau legte uneigennützig quer auf Gomez, der einschob. Die Partie schien gelaufen, Wolfsburg vermittelte den Eindruck, schon aufzugeben, als Jens Lehmann zehn Minuten vor der Pause an einer Flanke vorbeisprang und Edin Dzeko das 1:2 gelang. Zu mehr reichte es nicht, weil Gomez weiter machte: 3:1 in der 63. Minute. 4:1 in der 77. Minute.

Die Wolfsburger Noch-Tabellenführer trugen schwer an ihrer Niederlage, der siebten in dieser Saison. Magath, der sonst Pfefferminztee trinkt, als sei dies Ritual zum Weiterleben unbedingt notwendig, ließ Tasse und Teebeutel unangetastet stehen. Wie schwer die Niederlage wiegt, wird man am Dienstag sehen, wenn das Heimspiel gegen Borussia Dortmund ansteht. „Dann“, sagte Christian Gentner, „müssen wir beweisen, ob uns das etwas ausmacht.“ Stürmer Grafite blieb jedenfalls zuversichtlich. „Wir haben es selbst in der Hand“, sagte er. „Wenn wir die drei Spiele gewinnen, sind wir Meister.“ Er behauptete, das Theater um den Wechsel von Felix Magath zum FC Schalke 04 habe keine Auswirkungen auf den Gemütszustand der Mannschaft gehabt: „Zumindest nicht bei mir.“

Die Stuttgarter haben sich am Samstag jedenfalls nicht davon verunsichern lassen, dass Magath den VfB-Manager Horst Heldt mit nach Schalke nehmen will. Am Rande des Spiels sickerte dann durch, dass der VfB neben dem Spiel auch das Rennen um Horst Heldt gewonnen zu haben scheint. Man stehe kurz vor einer Einigung, hieß es aus dem Aufsichtsrat des Vereins.

Derzeit ist eben alles möglich beim VfB Stuttgart.

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