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In offizieller Mission. Selby.

© Leopold

Mark Selby: Der Spaßvogel am Snooker-Tisch

In der Weltrangliste steht er auf Platz eins, in dieser Saison triumphierte er bei der UK Championship und beim Masters. Jetzt will Mark Selby auch das Turnier in Berlin gewinnen.

Abergläubisch ist Mark Selby nicht. Am Donnerstagvormittag steht er zusammen mit seinem Kollegen Shaun Murphy vor dem Tempodrom und posiert vor einem mit dem britischen Union-Jack dekorierten Auto für eine Imagekampagne seines Heimatlandes. Mit dabei ist auch der Siegerpokal, um den es in dieser Woche beim German Masters der Snookerprofis geht. Bereitwillig nehmen die Spieler die Trophäe in die Hand, Selby mag sich nicht trennen von der gläsernen Skulptur. Dabei gilt die Sportlerweisheit „Berühre niemals den Pokal, bevor Du ihn gewonnen hast“ auch im Snooker. Doch darauf angesprochen, zuckt Selby nur mit den Schultern. Konnte er auch, einen Tag später erreichte er nach einem 5:3 gegen den Chinesen Ding Juhui das Viertelfinale.

Der 29-Jährige Engländer hat sich längst an Siegertrophäen aller Art gewöhnt. In der Weltrangliste steht er auf Platz eins, in dieser Saison triumphierte er bei der UK Championship und beim Masters, den zwei wichtigsten Turnieren nach der Weltmeisterschaft. Der WM-Titel im Frühjahr ist sein erklärtes Ziel, noch nie konnte er diesen gewinnen. Schafft er das, wäre er der erste „Triple-Crown“-Champion seit zehn Jahren und damit endgültig im Kreise der ganz Großen seines Sports angekommen.

Doch daran denkt Selby an diesem windigen Donnerstag in Berlin nicht. Der britische Botschafter hat ihn und Murphy eingeladen. Selby bestreitet nur wenige Stunden nach dem Termin sein zweites Match im Tempodrom. Trotzdem hat er sich fein gemacht, trägt Hemd und schwarzen Anzug und hat die Fliege gegen einen dunklen Schlips getauscht. Nach der Fotosession geht es im Minibus zur Botschaft. An Bord ist ein Mitarbeiter des Botschafters, der den Fremdenführer gibt. Der weist auf die Mauerreste an der Straße hin und lässt auch das Berliner Flughafendesaster nicht unerwähnt. Berlin sei eben arm, aber irgendwie sexy. Selby hört sich das alles beinahe schweigend an. Nur einmal wird er lauter. Ein Imbiss, der Chicken Kebab verkauft hat es ihm angetan. „Chi-cken-ke-bab“ wiederholt er lachend.

Selby gilt als lustiger Bursche, er trägt den Spitznamen „Jester from Leicester“ – Spaßvogel aus Leicester. Während der Matches scherzt er schon mal mit dem Publikum, dann lacht er schelmisch, verliert dabei aber nie die Konzentration. Er gilt unter den Topspielern als derjenige mit den besten Nerven. Wenn es eng wird, läuft Selby zu Höchstform auf. Auch den Termin in der Britischen Botschaft meistert er professionell. Als ein Botschaftsmitarbeiter erwähnt, dass er auch aus Leicester stamme, lächelt Selby.

Schließlich taucht der Botschafter auf. Es gibt die obligatorischen Fotos, Hände werden geschüttelt und dann ist die Visite schon vorbei. Wieder im Minibus regt sich dann doch noch das Interesse bei Selby. Als es am Schloss Bellevue vorbeigeht, fragt er, wer da wohnt. Dass es nur der Bundespräsident und nicht Angela Merkel ist, scheint ihn zu enttäuschen. Selby fällt zurück in seinen Sitz, als er schließlich in seinem Hotel ankommt, geht der Blick schon nach vorn. Zum nächsten Snookermatch.

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