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Das letzte Duell. Im April siegte Hertha BSC in der Zweiten Liga 3:0 gegen die Eintracht. Hier erzielt Ronny das 1:0.

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Braunschweig und Hertha: Mehr und weniger unten

Eintracht Braunschweig und Hertha BSC sind zusammen im vergangenen Sommer in die Bundesliga aufgestiegen, danach haben sich ihre Wege jedoch getrennt.

Solche Sorgen hätte Jos Luhukay wohl auch ganz gern. Da tritt doch neulich sein Braunschweiger Kollege Torsten Lieberknecht vor die Vereinsmitglieder der Eintracht, entschuldigt sich kurz dafür, dass man Tabellenletzter ist, wird aber vom Auditorium bis zum Abwinken gefeiert. Die Botschaft jenes Abends: Wir steigen auch ganz gern wieder ab, aber Lieberknecht soll uns führen.

Was für die tapferen Braunschweiger ein Rückfall ins Normale wäre, käme für Hertha einer Katastrophe gleich. Wenn sich beide Bundesligisten am Sonntag im Stadion an der Hamburger Straße duellieren, tun sie das faktisch auf Augenhöhe. Beide sind sie Aufsteiger, beide haben sie souverän das Unterhaus nach oben hin verlassen. Und doch liegen gefühlt Welten zwischen beiden Klubs, was allein schon die Erwartungshaltung anbelangt, die sich nach dem beinahe gegenläufigen Saisonverlauf noch einmal verstärkt hat. Während Hertha rasch den Anforderungen der Bundesliga gerecht werden konnte und auch spielerisch absolut konkurrenzfähig ist, haben die Braunschweiger bisher eine „unglückliche Serie“ gespielt, wie es Luhukay sagt. Die Eintracht, nach 28 Jahren Abstinenz wieder in der höchsten Spielklasse, hat sich sehr schwer getan mit den neuen Herausforderungen. Ihren ersten Punkt holten sie am fünften Spieltag, ihren ersten Sieg am achten in Wolfsburg. „Sie haben sich langsam gefangen, sie sind dabei, anzukommen“, sagt Luhukay.

Herthas Trainer spricht mit Hochachtung von den Mühen der Braunschweiger. Denn es ist weder normal noch unsympathisch, wie sie versuchen, das Abenteuer Bundesliga zu beherrschen. Was für manchen an Naivität grenzte, ohne wesentliche Verstärkungen in die Bundesliga gegangen zu sein, fußt auf einem ungetrübten Realitätssinn. Man wolle sich nicht verschulden, sondern das viele Geld, das es allein aus dem Fernsehvertrag gibt, mitnehmen und lernen. Der Etat der Braunschweiger beträgt 40 Millionen; so viel geben andere für einen Spieler aus. Lieberknecht setzt jetzt auf seine Zweitligahelden, auf ein eingeschworenes Ensemble, das es in fünf Jahren von der dritten Liga ganz nach oben geschafft hat.

Das bisherige Abschneiden der Eintracht entspricht dabei dem eines typischen Aufsteigers. Nach 14 Spieltagen haben die Braunschweiger acht Punkte, halten aber inzwischen wieder Anschluss zu Mannschaften wie Nürnberg (8), Freiburg (11) und Frankfurt (11). Hertha dagegen ist ein Aufsteiger nur noch vom Papier her. Auch in der Zweiten Liga unterhielt das Berliner Fußballunternehmen einen Kader unter Erstligabedingungen. Mit bisher erreichten 19 Punkten steht Hertha auf einem respektablen achten Tabellenplatz. „Braunschweig braucht die Punkte, um dabeizubleiben“, sagt Luhukay, „wir dagegen sind in einer etwas komfortableren Situation.“ So schustern die Braunschweiger den Gästen die Favoritenrolle zu, wissen aber, dass sie gerade in den Heimspielen den Grundstein für einen etwaigen Klassenerhalt legen müssen. Sollten sie es am Ende nicht schaffen, würde es keine große Enttäuschung geben. Hatten sie doch im Mai ein Ziel erreicht, das sie gar nicht auf dem Plan hatten – die Bundesliga.

Und so führen die Braunschweiger einen Kampf mit ungleichen Waffen. Sie tun es mit Leidenschaft und Bereitschaft, und niemand weiß, ob es reichen wird. Vielleicht reicht es für Hertha. Beide Mannschaften hatten zuletzt so ihre Problemchen. Braunschweig ist seit drei Spielen sieglos, die Berliner seit zwei. Größtes Manko der Niedersachsen ist die Torausbeute. Es sind acht, ligaweit der schwächste Wert. „Man kann nicht wegdiskutieren, dass wir wenige Tore schießen“, sagt Lieberknecht. Das liege aber nicht nur an den Stürmern, jeder sei gefragt. Ganz ähnlich hört sich Luhukay an. Auch Hertha hat nach fulminantem Start das Toreschießen ein wenig verlernt. Da könnte was gehen für die Braunschweiger. Wie rief Lieberknecht den Vereinsmitgliedern doch entgegen: „Lasst uns am Sonntag Hertha BSC weghauen!“

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