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Raul ist eine Real-Legende, Schalke hat der Spanier aber auch im Herzen.

© dpa

Meine Champions League: Raul und der FC Schalke 04: Die große Liebe des Zugereisten

Wenn der FC Schalke 04 am Mittwoch Real Madrid empfängt, kann Raul nicht mal als Zuschauer dabei sein. Der Spanier spielte einst für beide Klubs, dafür verehren sie ihn bei den aktuellen Kontrahenten noch heute.

Vor ein paar Tagen hat Raúl González Blanco auf seiner Abschiedstournee mal wieder in der Heimat vorbeigeschaut und die Zeit genutzt, ein bisschen Wahlkampf zu betreiben. Es ging dabei um Luis Figo, den Mitstreiter aus galaktischen Tagen, als Real Madrid im Verdacht stand, ein bisschen mehr Zirkus zu sein denn ein ernst zu nehmendes Fußballunternehmen. Irgendwann aber müsse einmal Schluss sein mit Zirkus, hat Raúl jetzt gesagt, und deswegen unterstütze er voll und ganz die Kandidatur seines portugiesischen Freundes Figo für die Präsidentschaft im Weltverband Fifa. „Ich bin bei ihm“, sprach der Mann, der vor Cristiano Ronaldo die Nummer 7 bei Real trug.

Raúls Werben für Figo hat in Madrid ein wenig in den Schatten gestellt, dass er noch in ganz anderer Mission unterwegs ist. Nach seinen 18 Jahren bei Real hat der spanische Grande auch zwei Jahre lang für Schalke 04 gespielt und sich dort ein bisschen verliebt. In das Publikum der Schalker Arena, wo sie so viel Lärm machen, wie es sich ein im edlen Estadio Santiago Bernabeu sozialisierter Fußballspieler kaum vorstellen konnte. In Düsseldorf, sein elegant-behagliches Refugium im deutschen Exil. Vor allem aber in Julian Draxler, den Hochbegabten aus der neuen Schalker Schule, von dem Raúl gar nicht so heimlich sagt, wie gern er ihn mal im blütenweißen Trikot des Real Madrid Club de Fútbol sehen würde – allemal lieber als in England oder, schlimmste Vorstellung für einen Madridista, beim ewigen Rivalen FC Barcelona.

Bei Schalke wurde Raul zum Liebling, obwohl er nur zwei Jahre da war

Am Mittwoch gastiert Real im Achtelfinale der Champions League in Gelsenkirchen. Der seit Monaten verletzte Draxler kann nur zuschauen, Raúl ist nicht einmal das vergönnt. Er wäre wohl gern als doppelter Ehrengast gekommen, aber das lässt sich schwer bewerkstelligen, denn es steht eine letzte Ehrenrunde an. In New York, wo sie in der zweitklassigen North American Soccer League das Projekt Cosmos wiederbelebt haben. Zuletzt hat Raúl zweieinhalb Jahre lang in Katar für den Al-Sadd Sport Club gekickt. Es sagt einiges über seine Reputation, dass ihm dieses vorrangig auf Geldvermehrung angelegte Projekt in der Wüste niemand übel genommen hat. Nicht bei Real, wo er immer noch für eine Position im strategischen oder operativen Geschäft vorgesehen ist. Aber auch nicht bei den Schalkern, obwohl sie ihn schon gern behalten hätten nach diesen beiden denkwürdigen Jahren zwischen 2010 und 2012.

Mit einer selten erlebten Mischung aus weltmännischer Bescheidenheit und edler Fußballkunst hat Raúl die Schalker Anhängerschaft auf eine stürmische Weise erobert, wie es selbst im fußballverrückten Ruhrgebiet außergewöhnlich ist. Zum offiziellen Saisonauftakt kamen 100.000 Schaulustige, die Schlange bei der Autogrammstunde war gut 200 Meter lang. Nach dem Sieg im Pokalfinale über den MSV Duisburg freute Raúl sich wie ein kleines Kind und unterhielt das Publikum mit einer improvisierten Stierkampfnummer. Sein grandioser Heber über den Kölner Torhüter Michael Rensing wurde zum Tor des Jahres 2011 gewählt. Als 34-Jähriger führte er Schalke ins Halbfinale der Champions League. Ein halbes Jahr nach seinem Abschied wählte ihn die Jahreshauptversammlung in die Schalker Ehrenkabine. Viel mehr geht nicht für einen Zugereisten, der gerade zwei Jahre das Schalker Trikot trug.

Wie wäre der Ästhet Raúl wohl mit Roberto di Matteo zurechtgekommen? Mit dem seit ein paar Monaten auf Schalke werkelnden Trainer, dessen Auffassung von Fußball dem verhindernden Element sehr viel näher zugeneigt ist als dem konstruktiven? Wenn es denn einer geschafft hätte, das auf reinen Erfolg getrimmte Schalker Spiel auch optisch ein wenig ansprechender zu gestalten, dann Raúl González Blanco. So wie er vielleicht Luis Figo zur Fifa-Präsidentschaft verhelfen wird und es ihm selbst auf Schalke keiner verübeln würde, wenn er denn Julian Draxler zu einem Wechsel nach Madrid überreden sollte.

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