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Sport: Meine erste Liebe: Preußen Münster

Preußen Münster wurde 1906 gegründet und erreichte 1951 das Finale um die Deutsche Meisterschaft (0:1 gegen Kaiserslautern). 1963 war der Verein Gründungsmitglied der Bundesliga, stieg aber sofort ab.

Preußen Münster wurde 1906 gegründet und erreichte 1951 das Finale um die Deutsche Meisterschaft (0:1 gegen Kaiserslautern). 1963 war der Verein Gründungsmitglied der Bundesliga, stieg aber sofort ab. Heute spielt Preußen Münster viertklassig in der Regionalliga.

Es war einfach Pech. Was hatten diese Dortmunder, was wir nicht hatten? Borussia ist Meister geworden und Sieger in der Champions League. Der SC Preußen 06 Münster rauschte in die Regionalliga. Aber es hätte auch umgekehrt kommen können. Schließlich haben die Preußen sie geputzt, die Borussia, damals in der Zweiten Liga, als beide um den Aufstieg in die Bundesliga kämpften.

Münster, das gemächliche, erging sich im plötzlichen Rausch, Brasilien in Westfalen. Wer Fußball sehen wollte, fuhr nach Schalke normalerweise. Doch in dieser Saison hatten die Preußen unter Rudi Faßnacht sensationell gespielt. Heute kam Borussia Dortmund, der schärfste Konkurrent.

Eine ganze Stadt hatte schlagartig die Bedeutung des Wortes "Vorverkauf" gelernt. "Ein Rekordtag", meldet der "Kicker": 35 000 Zuschauer drängten sich im Preußen-Stadion, ausverkauft, 260 000 Mark Einnahme, genau am 70. Vereinsgeburtstag.

Sie kamen von überall her, aus jeder Garageneinfahrt, aus den Seitenstraßen, sie bündelten sich im strömenden Regen zu einer Prozession in schwarzweiß-grün auf Hollandrädern. Münsters Mütter hatten in Nachtschichten Kilometer Schals gestrickt, mussten aus schwarzem Stoff Rückennummern schneiden und auf Leibchen nähen.

27. Mai 1976, Spitzenspiel, fiebriger Fußballfeiertag, Initiation für Pubertierende, die zwei Jahren zuvor bei Neeskens-Breitner-Müller beschlossen hatten, jedenfalls eines erreichen zu wollen im Leben: bei einem großen Match im Stadion zu sein.

Wer konnte ahnen, dass es so schnell so weit sein würde. Preußen Münster mit Welz im Tor, Blau und Möhlmann gegen Borussia Dortmund mit Torwart Bertram, Votava und Vöge. Der Fan-Block, links neben der wurmstichigen Tribüne, wogt und brüllt. Ekstase wie seit den Wiedertaufen nicht mehr. Gegenüber rütteln die Dortmunder am Zaun. Manche von ihnen, hieß es, seien Raubtiere, die gegnerische Fans nach Dortmunder Niederlagen aus Zorn jagten - und nach Siegen aus Freude. Große wilde Fußballwelt.

Borussia ist Inbegriff der Übermacht, Preußen zum Wunder entschlossen. Die Dortmunder greifen beherzt an, doch am Strafraum ist Schluss. Die Dreier-Abwehrkette Grünther, Krekeler und Karbowiak spitzelt ihnen jeden Ball vom Fuß.

Ausgerechnet Eschweiler (Euskirchen), der Schiedsrichter mit dem Esprit eines "Wachturm"-Verkäufers, macht sich sympathisch. Er gibt Elfmeter für die Preußen. Kaczor verwandelt kurz vor der Pause. Psychologisch wichtig, heißt es. Aber das wissen die Dortmunder offenbar nicht. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit schnappt sich Hartl den Ball an der Mittellinie, rennt unbehelligt auf Münsters Tor - 1:1. Minuten der Angst. Hatten sie es nicht immer versiebt, wenn es drauf ankam? Wie damals, 1950, als Rachuba, Schulz, Preißler und Gerritzen mit Lammers den 100 000-Mark-Sturm bilden, der die Preußen bis ins Finale um die Deutsche Meisterschaft gegen Kaiserslautern schießt. Lautern gewinnt in Berlin 2:1.

Oder 1963. Die Preußen gehören zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga, steigen aber in der gleichen Saison ab. Es folgt das stille Elend Zweite Liga: Schulden, Schwarze Kassen, Öde auf dem Platz. Wenigstens ist Möllemann nicht Präsident geworden.

Jetzt ist der Moment, an dem alles wieder gut werden kann. Die Preußen spielen die größte Viertelstunde ihrer Geschichte. Jank, Karbowiak, Blau treffen. Peng, peng, peng - 4:1. "Nie wieder Zweite Liga, Deutscher Meister SCP".

Der Rest der Saison verlief ziemlich unglücklich. Aufgestiegen ist Tennis Borussia, zusammen mit Borussia Dortmund. Sie hätten es schaffen können, die Preußen. Es war einfach Pech.Nächsten Dienstag: Kanzlerberater Reinhard Hesse über Hannover 96

Hajo Schumacher

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