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Wie heißt du noch mal? Magath sichtet die Neuen (hier Sotirios Kyrgiakos). Foto: dpa

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Sport: Meister im Einkaufen

Inzwischen haben 34 Spieler in Wolfsburg Furcht vor Felix Magaths unberechenbarer Personalpolitik

Von Christian Otto

Die Länderspiel-Pause in der Fußball-Bundesliga ist wegen der Abwesenheit vieler Spieler sonst eher ein Ärgernis. Felix Magath müsste darüber diesmal aber ganz erfreut sein. „Es wird ganz schön voll hier“, sagt er, wenn er wieder einmal erklären soll, was der VfL Wolfsburg eigentlich mit so vielen Fußballprofis auf einmal anfängt. Ab sofort muss der Trainer und Chefeinkäufer täglich bis zu 34 Angestellte in kurzen Hosen scheuchen, darunter allein 15 Mittelfeldspieler. Es gehört zum Prinzip Magath, dass sich kein einziger seiner Untergebenen seines Arbeitsplatzes sicher sein darf. „Du musst dich hier im Konkurrenzkampf eben beweisen“, sagt der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger über den gnadenlosen Verdrängungsmechanismus.

Die Wolfsburger Spieler eint die Furcht vor Magath und seiner unberechenbaren Personalpolitik. Mit Aliaksandr Hleb, ausgeliehen vom FC Barcelona, verpflichtete der 58-Jährige am Mittwoch bereits den 16. Spieler in dieser Saison. Was im Frühjahr beim Kampf gegen den Abstieg noch dezent begann, wurde nun mit dem Brecheisen vollendet. Der Umbau der Mannschaft, die Magath im Auftrag von VfL-Hauptsponsor Volkswagen unbedingt zurück ins internationale Geschäft bringen soll, kostet trotz zahlreicher Leihspieler und ablösefreier Neuzugänge erschreckend viel Geld.

Und er setzt einen Trend fort, der eine ganze Menge über Magaths Arbeitsstil sagt. In den vergangenen vier Jahren hat er für den ambitionierten VfL Wolfsburg und den am Ende verärgerten FC Schalke 04 insgesamt 88 Profis für 129 Millionen Euro eingekauft. In seiner gesamten Karriere soll er schon mehr als 170 Fußballer verpflichtet haben. Die Freude über den außergewöhnlichen Transfer des Torjägers Edin Dzeko, den Magath für den VfL Wolfsburg entdeckt hatte und der für 35 Millionen gewinnbringend an Manchester City verkauft werden konnte, kann die Gesamtkosten nur bedingt ausgleichen.

Der Wettbewerbsvorteil, den sich Magath wieder einmal einkaufen wollte, hat sich beim VfL Wolfsburg bisher als großer Nachteil entpuppt. Die Mannschaft wirkt angesichts der nicht enden wollenden Veränderungen völlig durcheinander und frei von jeder Homogenität. „Wir müssen uns möglichst schnell finden“, sagt Kapitän und Mittelfeldspieler Christian Träsch, für den Magath immerhin zwölf Millionen Euro an den VfL Stuttgart überweisen ließ. Während sich ein Klub wie Hannover 96 mit einem eingespielten Team schon wieder in der Spitzengruppe der Bundesliga etabliert hat, muss Magath nach dem vierten Spieltag im Grunde wieder bei null beginnen.

Den Spielern des VfL Wolfsburg stehen anstrengende und Nerven aufreibende Monate bevor. Kurzfristige Beförderungen und Abstrafungen gehören zu Magaths Taktik, um allen Beteiligten Beine zu machen. So beruft er als Warnung an die anderen schon mal einen rustikalen Abräumer wie Sebastian Schindzielorz in den Profikader. Am Dienstag führte Magath mitten auf dem Trainingsplatz demonstrativ ein langes Gespräch mit Ersatztorhüter André Lenz. Der 37 Jahre alte Reservist darf bald damit rechnen, den formschwachen Diego Benaglio abzulösen. Ob Magath sich die Mühe machte, mit dem seit Monaten verunsicherten Benaglio ebenfalls ein langes Gespräch zu führen, ist nicht bekannt.

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