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Sport: Michalczewski und Rocchigiani werben auf ihre Weise für ihren Kampf

Zum Schluss lächelteder Boxpromoter Klaus-Peter Kohl und sagte zufrieden: "Das war doch perfekt. So muss es sein.

Zum Schluss lächelteder Boxpromoter Klaus-Peter Kohl und sagte zufrieden: "Das war doch perfekt. So muss es sein." Perfekt war für ihn gestern folgender Dialog vor offenen Mikrofonen und laufenden Kameras: Dariusz Michalczewski: "Rocky kann doch zufrieden sein, dass ich noch Weltmeister bin, sonst müsste er abgebrannt in Rente gehen." - Graciano Rocchigini: "Dich habe ich doch schon vor dreieinhalb Jahren im Ring in Rente geschickt." - Wenn du nicht gegen mich boxen dürftest, müsstest du doch aufs Arbeitsamt gehen." - "Weißt du, Dariusz, es gibt schlaue Polen und dumme Polen. Du bist ein dummer Pole." - "Das ist dein Niveau. Eigentlich müsste ich mit so jemandem überhaupt nicht reden." - "Dann steh doch auf und geh nach Hause." - "Du kannst doch froh sein, dass du gegen mich boxen darfst." - Rocchigiani (schreit): "Hast du denn bei der WBO schon den Oskar für deine Schauspielerei abgeholt? Du hast doch alle veralbert. Deshalb boxe ich gegen dich." Kohl sitzt zwischen beiden und greift ein: "So, das war doch jetzt ein guter Schluss." Perfekt halt.

Willkommen beim Profiboxen. Normalerweile sind bei Pressekonferenzen solche Duelle vor wichtigen Kämpfen mit wichtigen Boxern inszeniert. Aber Graciano Rocchigiani lässt sich nicht inszenieren. Er ist so. Doch bei Michalczewski ist es anders. Von dem fühlt er sich persönlich beleidigt. Die beiden waren schon einmal aufeinander getroffen. Der Pole Michalczewski, Weltmeister im Halbschwergewicht nach Version der WBO, hatte damals, im Sommer 1996, gewonnen. Herausforderer Rocchigiani hatte nach dem Gong angeblich nachgeschlagen, worauf Michalczewski theatralisch gefallen war und zum Sieger ausgerufen wurde.

Dramaturgisch erstklassig das Ganze. Jeder wartete auf die Revanche. Rocchigiani gegen Michalczewski, das Schmuddelkind gegen den Mann, der auch nach 18 WM-Kämpfen so wenig populär ist, dass er verkündet: "Wozu brauchen wir Popularität? Ich bin froh, wenn mich auf der Straße keiner erkennt." Keiner lachte gestern, als er das in einem Hotel in Hannover fast beschwörend mitteilte. Michalczewski ist eher ein Mann fürs milde Mitleid.

Aber jetzt steht der Kampf. Am 15. April in Hannover, in der Preussag-Halle, Motto "Die Abrechnung", live übertragen vom Pay-TV-Sender "Premiere World". Ist der Kampf eine Abrechnung, Herr Rocchigiani? "Für mich ist jeder Kampf eine Abrechnung. Aber gegen ihn zu boxen, ist schon ein Highlight." Und der WM-Titel der WBO? "Der Titel ist mir egal. Für mich könnte es auch um nichts gehen." Für Rocchigianis Verhältnisse waren das nur Zwischentöne. Aber jeder verstand: Er will diesen Michalczewski besiegen, diesen Mann, der ihn angeblich betrogen hat. Er will ihn sportlich demütigen. Das Geld ist Thema einer anderen Ebene. Rocchigiani hat zuletzt 1998 geboxt, er braucht Geld, er will noch mal groß Kasse machen. Das ist die Sicht des Berufsboxers Rocchigiani. Aber der Mann Graciano Rocchigiani kämpft um etwas Anderes. Er hat etwas ganz Persönliches zu erledigen.

Michalczewski hört gereizt zu. Es ist die Phase, in der sich beide noch im Griff haben. "Ich freue mich auf das Duell", sagt der 31-Jährige mit finsterem Blick. "Ich hoffe aber, er kommt zum Kampf pünktlich." Rocchigiani hatte auf der Fahrt nach Hannover im Stau gesteckt und war eine halbe Stunde zu spät gekommen. Da saß Michalczewski überpünktlich schon eine Stunde allein in einem Nebenraum. Keiner beachtete ihn. Als er gekommen war, hatte kaum einer aufgeschaut. Als Rocchigiani eintraf, rannten die Fernsehteams. Die beiden sind die Kernpunkte eines millionenschweren Unternehmens. Der Kampf hat ein Gesamtvolumen im zweistelligen Millionenbereich. Angeblich kassieren beide Boxer jeweils vier Millionen Mark. "Es ist der teuerste Boxkampf, der jemals in Deutschland veranstaltet wurde", verkündet Kohl. Er veranstaltet dieses Duell, er hat sich dreieinhalb Jahre um den Kampf bemüht. "Für mich gehts dabei auch ums Image", sagte Kohl. Nicht bloß für ihn. Für die Hauptdarsteller auch. Rocchigiani sieht sich im Kampf um Gerechtigkeit, Michalczewski kämpft gegen das Image des Schauspielers.

Was, Herr Rocchigiani, fragt einer, macht Sie so sicher, dass Sie gewinnen werden? Da lehnt sich Rocchigiani zurück, und was er sagt, klingt fast erhaben: "Weil ich der bessere Boxer bin."

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