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Mineiro: Der Fluch des ersten Tores

Ein Jahr nach seinem grandiosen Einstand findet Mineiro bei Hertha BSC endlich Anerkennung.

Berlin - Vielleicht wäre Carlos Luciano da Silva besser seinem Gefühl gefolgt. Es lief bereits die Nachspielzeit in der Begegnung zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV, als Carlos Luciano da Silva, besser bekannt unter dem Namen Mineiro, tief im Mittelfeld den Ball auf den Fuß bekam. Den Brasilianer beschlichen bei seinem ersten Einsatz für den Berliner Fußball-Bundesligisten Skrupel, ob er aus dieser Entfernung wirklich aufs Tor schießen solle, doch dann entsann er sich, dass er schon einmal aus großer Distanz getroffen hatte. Er schoss – und traf zum 2:1 für Hertha. Das Tor war wie ein Versprechen. Doch halten konnte Mineiro dieses Versprechen in der Folge nicht.

Manchmal läuft eine Geschichte eben ganz anders, als es ihr Anfang vermuten lässt. Bei den Hamburgern saß damals im Februar 2007 Huub Stevens zum ersten Mal auf der Trainerbank. Kein einziges Mal hatte er seine neue Mannschaft zuvor trainiert, und nach der Niederlage blieb der HSV Tabellenletzter. Berlin aber feierte den kleinen und schmächtigen Brasilianer, den Herthas Manager Dieter Hoeneß am letzten Tag der Transferperiode vom FC Sao Paulo geholt hatte. Seit der Rettung vor dem Abstieg ist Stevens in Hamburg ein Held, Mineiro aber in Berlin nur ein besserer Mitläufer. Doch während Stevens wohl heute im Auswärtsspiel in Berlin nicht im Olympiastadion sein wird, weil seine Frau in Holland operiert werden musste, steht Mineiro erneut in Herthas Anfangself. Zum dritten Mal hintereinander.

„Er hat zuletzt gut gespielt und kommt immer besser zurecht“, sagt Hoeneß über den Mittelfeldspieler. Vor zweieinhalb Wochen, im Auswärtsspiel in Cottbus, stand Mineiro zum ersten Mal in diesem Jahr in der Startformation der Berliner. Er erzielte das 1:0 für Hertha und traf in der zweiten Hälfte auch zum vermeintlichen 2:2. Doch weil der Brasilianer denkbar knapp im Abseits stand, zählte das Tor nicht. Trotzdem hat Mineiro seinen Platz im Team seitdem behauptet. „Er spielt nicht umsonst in der brasilianischen Nationalmannschaft“, sagt Hoeneß.

Genau das aber haben die Fans von Hertha BSC nie so richtig verstanden: Wieso ist ein Stammspieler der Seleçao nicht gut genug für eine mittelmäßige Bundesligamannschaft? Die Frage ist gar nicht so schwer zu beantworten. Weil in der mit Topkönnern besetzten Seleçao ganz andere Qualitäten gefragt sind als in einer Mannschaft wie Hertha. Es sind genau die Qualitäten, die Mineiro mitbringt.

Seine Stärken liegen ohne Frage in der Defensive. „Wie eine Nadel“ gehe Mineiro in die Zweikämpfe, hat Herthas Interimstrainer Karsten Heine einmal über den Brasilianer gesagt, der unter ihm immer in der Startelf stand. Mineiro ist nicht unbedingt der umsichtige Stratege, der das Spiel seiner Mannschaft von hinten heraus strukturiert; aber Mineiro besitzt ein natürliches Gespür für Gefahr, das vielleicht auch deshalb besonders ausgeprägt ist, weil er in der brasilianischen Nationalmannschaft hinter Spielern wie Ronaldinho, Kaka oder Robinho spielt, denen dieses Gespür vollkommen abgeht.

„Bei den Brasilianern ist er praktisch die Feuerwehr“, sagt Hoeneß. „Bei uns sieht seine Rolle etwas anders aus. Da muss er ein bisschen mehr für die Offensive tun.“ An der Seite von Gojko Kacar, mit dem Mineiro zuletzt die Doppel-Sechs vor der Abwehr bildete, fallen seine Defizite im Spiel nach vorne allerdings nicht so stark ins Gewicht. Der Serbe hat einen unbändigen Offensivdrang, da darf sich Mineiro ein bisschen zurücknehmen. Und trotzdem hatte er am Wochenende in Bochum die große Chance zum Siegtreffer für die Berliner. Kurz nach der Pause landete sein Hechtkopfball am Pfosten des Bochumer Tores.

Die Frage ist, ob Mineiros Wandel nicht ein bisschen zu spät kommt. Im Sommer läuft sein Vertrag aus, und schon vor zwei Monaten hat der 32-Jährige gesagt, es deute alles darauf hin, dass er bei Hertha wohl nicht verlängern werde. Auf die Frage, ob sich inzwischen eine neue Situation ergeben habe, antwortete Dieter Hoeneß gestern: „Darauf möchte ich nicht eingehen.“

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