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Sport: „Mir ist wurscht, was andere über uns denken“

Trainer Sander über den Klassenerhalt von Energie Cottbus und die Disziplin beim ärmsten Klub der Liga

Petrik Sander, sind Sie ein Zauberer?

Nein. Wieso?

Weil Sie mal gesagt haben, der Klassenerhalt für Energie Cottbus wäre das achte Weltwunder.

Der Klassenerhalt ist das Ergebnis von harter, kontinuierlicher Arbeit. Wir als Energie Cottbus müssen immer über unsere Leistungsgrenzen hinausgehen, um stark zu sein. Denn es steht ja fest, dass wir die schlechtesten Bedingungen aller Bundesligisten haben. So haben wir erst im Laufe des Jahres den ersten Trainingsplatz erhalten, der den normalen Maßen eines Fußballplatzes entspricht.

Früher stand Trainer Eduard Geyer für die harte Cottbuser Arbeit, heute sind Sie es. Wie sehr hat Sie Geyer geprägt?

Es bringt nichts, jemanden kopieren zu wollen. Man muss seinen eigenen Stil finden.

Haben Sie denn etwas von Eduard Geyer übernommen?

Vielleicht zwei Dinge. Der unmittelbare Wille zum Sieg, dieses Ich-will-immer-und-alles-gewinnen. Es gibt ja diesen schönen Ausspruch von ihm, dass er nicht mal seine Kinder beim Karten spielen hat gewinnen lassen. Vielleicht übertrieben, aber da steckt was Wahres drin. Dazu die unbedingte Disziplin, die Grundvoraussetzung, um überhaupt mit der Mannschaft Erfolg haben zu können. Das kann man eins zu eins übernehmen, das habe ich getan.

Disziplin hin oder her – dem FC Energie Cottbus wird von manchen der unansehnlichste Fußball der Liga bescheinigt.

Mir ist völlig wurscht, was andere über unser System oder über unsere Spielweise denken. Für uns zählt, dass Fußball erfolgsorientiert ist, die Punkte sprechen doch für sich. Für unsere Begriffe haben wir einen sehr, sehr guten Fußball gespielt. Zweckorientiert eben. Und dass das gegen manche Gegner zu einer Mauertaktik geführt hat, will ich nicht verhehlen, aber das war in dem Moment richtig, sonst hätten wir zum Beispiel gegen Werder Bremen in dieser Saison nicht zweimal unentschieden gespielt.

Der Erfolg könnte sich für Cottbus schnell rächen. Auf Ihre Offensivspieler Radu und Munteanu haben andere Klubs längst ein Auge geworfen ...

Damit muss man leben, dass wir das Sprungbrett sind für Spieler, die sich für höhere Aufgaben empfehlen. Das ist doch Ausdruck unserer guten Arbeit. Im Übrigen könnten wir unser Entschuldungskonzept wohl etwas schneller vorantreiben. Nur sollte die sportliche Qualität darunter nicht leiden. Ich würde die beiden aber nur ungern ziehen lassen, aber das entscheiden ja letztlich die Wirtschaftsfachleute bei uns.

Hat sich Ihr Leben eigentlich verändert, seitdem Sie in Cottbus als Trainer in der ersten Reihe stehen?

Es hat sich vieles verändert und ist dabei nicht einfacher geworden. Es gab hier ein Stadtfest in Cottbus, wir sind da mit ein paar Bekannten zum Essen hingegangen. Zum Essen trinke ich gern mal ein Bier, aber dann bin ich von zwei älteren Herren aufgefordert worden, doch das Biertrinken zu unterlassen, weil morgen früh um zehn Uhr wieder Training ist. Da habe ich schnell ausgetrunken und mich verabschiedet. Das sind so die kleinen Sachen, mit denen man leben muss.

Wie treten Sie in der Kabine auf?

In der Kabine gibt es nur einen, der was erzählt – das bin ich. Und da gibt es einen großen Facettenreichtum: von knallharten Analysen über Streicheleinheiten bis Brüllereien, die nicht druckreif sind. Aber alles mit dem nötigen Respekt, nie beleidigend. Sonst bin ich ja eher der ruhige Vertreter, der viel analysiert. Ich muss auch nicht wie ein HB–Männchen an der Seitenlinie herumspringen.

Ihr Vertrag bei Energie Cottbus läuft noch bis 2008. Gibt es den Traum, auch mal für einen finanzstärkeren Verein zu arbeiten?

Ich habe nicht vor, hier 20 Jahre lang Trainer zu sein, und glaube auch nicht, dass so etwas funktionieren kann. Aber es gibt erst einmal nichts Schöneres, wenn man in dem Ort, in dem man wohnt, auch arbeiten darf und obendrein noch erfolgreich dabei ist.

Das Gespräch führte Jürgen Rollmann.

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