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Sport: Mission Mittelmaß

Der FC Bayern zweifelt nach dem 0:2 gegen Schalke an sich selbst

Gelsenkirchen. Oliver Kahn hatte keine Lust. Dem Torhüter des FC Bayern stand nicht der Sinn danach, schon wieder „irgendwelche Alibi-Erklärungen in die Kamera zu quatschen“. Auf die Fragen eines Fernsehreporters reagierte er so desinteressiert wie die Fußballspieler des Deutschen Meisters zuvor auf ihre westfälischen Herausforderer. Aber ganz Kapitän, stellte sich Kahn natürlich zum Interview. Was hat den Münchnern beim 0:2 in Schalke am meisten gefehlt? „Eier“, sagte Kahn mit grimmiger Miene. Der Reporter verstand nicht recht, was gemeint war (oder tat zumindest so) und bat um nähere Erläuterung. Ob Kahn nicht etwas konkreter werden könne. Also im Ernst: Was hat gefehlt? Der Eiermann wurde noch grimmiger, blieb aber bei seiner Einlassung. Er wollte wohl in etwa sagen, der FC Bayern brauche richtige Männer, keine Weicheier. Am Ende äußerte Kahn immerhin einen Satz, den jeder verstanden hat. „Wir holen nicht alles aus uns heraus, was möglich ist.“

Ähnlich formulierte es Mittelfeldspieler Jens Jeremies, der von der 38. Minute den abermals verletzten Sebastian Deisler ersetzte. Viele seiner Kollegen seien „nicht auf dem Topniveau, auf dem sie spielen könnten“. Manche sind sogar weit davon entfernt. Deshalb werde der Ton im Team „rauer wie immer, wenn Bayern nicht gewinnt“ – und, mindestens genauso schlimm, nicht auf dem ersten Platz steht wie nun schon seit Wochen.

Die Abgebrühtheit, die sonst den FC Bayern auszeichnet, verkörperte in der Schalker Arena der niederländische Mittelfeldspieler Niels Oude Kamphuis, der die Fäden der Handlung auf der Rasenbühne jederzeit fest in Händen hielt: als Spielgestalter, Provokateur und Torschütze. Vor allem Thomas Linke, dem soliden Münchner Verteidiger, wurde die unheimliche Begegnung mit dem Schalker zum Verhängnis. Erst setzte Oude Kamphuis im Zweikampf mit Linke so geschickt zum Flug an, dass der zuständige Schiedsrichterassistent seinen Chef Edgar Steinborn mit einem spontanen Wink dazu aufforderte, Strafstoß zu pfeifen. Hajto vollendete vom Elfmeterpunkt, was der Schwalbenkönig so gerissen eingefädelt hatte.

Der zweite Zusammenstoß mit Oude Kamphuis, diesmal im Schalker Strafraum, verlief für Linke noch dramatischer, folgenschwerer als der erste. Weil der lästige Widersacher ihn festhielt, verlor Linke die Nerven und streckte Oude Kamphuis mit dem Ellenbogen nieder. Dieser Treffer war so klar gesetzt, dass Steinborn ohne Fahnenschwenk von der Seitenlinie seine Entscheidung treffen konnte und dem Täter die Rote Karte zeigte. Nach gut einer halben Stunde gaben die Bayern sich geschlagen, auch wenn ihr Trainer Ottmar Hitzfeld behauptete, seine Mannschaft habe „mit zehn Mann besser gespielt als mit elf“.

Besser vielleicht, aber nicht gut, schon gar nicht gut genug, um die beste Saisonleistung der Schalker zu verhindern, die sich nicht anmerken ließen, dass sie drei Tage zuvor im Pokalspiel gegen Freiburg sieben Gegentore hatten hinnehmen müssen. Am Ende kam Hitzfeld nicht umhin festzustellen, dass die allseits hoch favorisierten, aber nicht mehr gefürchteten Bayern derzeit „nur Mittelmaß“ sind. Er fürchte sogar, seine Mannschaft könnte „den Anschluss an die Spitze verlieren“. Nach einem Drittel der Saison ist Tabellenführer Stuttgart dem Titelverteidiger sechs Punkte voraus. Was kann Hitzfeld tun? Nichts, sagt Kämpfer Jeremies. Der Aufschwung müsse „aus der Mannschaft heraus kommen“. Und aus der Mentalität des FC Bayern. „Aufgeben ist nicht unsere Stärke.“

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