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Hier kennt er sich aus. 2011 trat Bernie Ecclestone schon einmal im Landgericht München I auf – damals als Zeuge. Nun droht dem 82-Jährigen die Rückkehr in die bayerische Landeshauptstadt als Angeklagter. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Sport: Mit dem Rücken zur Wand

Die Ermittlungen gegen Bernie Ecclestone wegen Bestechung sind abgeschlossen – ein Prozess wäre wohl sein Ende als Formel-1-Chef.

Dass es für ihn brenzlig werden kann, das wusste Bernard Charles, genannt Bernie Ecclestone schon im November 2011. Damals sagte er vor dem Münchner Landgericht im Prozess gegen den Exbanker Gerhard Gribkowsky aus. Da kam der Formel-1-Chef erst mit dem Privatjet aus London eingeflogen, als ihm die Behörden versprachen, er würde nicht auf deutschem Boden wegen des Verdachts der Bestechung festgenommen werden.

Nun könnte dem 82-Jährigen dies durchaus passieren. Die Staatsanwaltschaft München hat die umfangreichen Ermittlungen gegen den Briten abgeschlossen, wie die Behörde mitteilt. Laut „Süddeutsche Zeitung“ wurde Anklage erhoben wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue. Dies will die Staatsanwaltschaft nicht offiziell bestätigen. Erst muss der Anklagesatz wohl ins Englische übersetzt und Ecclestone zugestellt werden.

Bei den jetzt abgeschlossenen Ermittlungen geht es um den Riesendeal aus den Jahren 2004 und 2005, als die Rennserie des damals in Bedrängnis geratenen Ecclestone für knapp 900 Millionen US-Dollar ihren Mehrheitseigentümer wechselte. Der staatseigenen BayernLB waren die Anteile aus der Konkursmasse von Leo Kirch zugefallen. Plötzlich wollte der dafür zuständige Banker Gribkowsky selbst groß ins Formel-1-Geschäft einsteigen, von der BayernLB hatte er „die Nase voll“, wie Ecclestone in München ausgesagt hatte. Gribkowsky hängte sich demnach wie eine Klette an Ecclestone, doch dieser wollte nichts von ihm wissen. Zugleich stand Ecclestone unter Druck, weil die großen Rennställe eine eigene Rennserie in Planung hatten, die ihn und seine Formel 1 ausgebootet hätte.

Als Gribkowsky sah, dass er selbst in der Formel 1 nichts werden würde, fädelte er den Verkauf der Bankanteile an den von Ecclestone gewünschten Investor ein, die britische CVC-Finanzgesellschaft. Dafür hatte er laut seinem Geständnis 44 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld von Ecclestone erhalten. „Ein Riesenberg Geld“, hatte Gribkowsky gegen Ende des Prozesses im vergangenen Jahr gesagt. Er wurde zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und sitzt diese Strafe derzeit ab.

Wo es einen Bestochenen gibt, da gibt es auch einen Bestecher – dies war der Grundgedanke der staatsanwaltlichen Ermittler, die sich dann auf Ecclestone konzentrierten. Dessen in München vorgetragene Version des Geschehens sieht allerdings anders aus: Gribkowsky habe ihn erpresst, lautete seine damalige Erklärung für die Überweisung des Geldes über karibische Briefkastenfirmen an Gribkowskys österreichische „Sonnenschein“-Stiftung, mit der dieser unerkannt bleiben und auch noch Steuern sparen wollte. Gribkowsky habe, so Ecclestone, immer wieder Anspielungen auf die Familienstiftung gemacht, in der Ecclestone über seine damalige Frau sein gesamtes Vermögen geparkt hatte – auch das steuerlich äußerst günstig. Er habe befürchtet, Gribkowsky zeige ihn deshalb an. Um ihn loszuwerden, habe er deshalb das Geld gezahlt.

Es war eine unterhaltsame Aussage des 1,58 Meter kleinen Mannes mit dem zerknautschten Gesicht, der zwischendurch mit den Journalisten scherzte und sie anhielt, nur Gutes über ihn zu schreiben. Mit der Wahrheit aber hatten seine Ausführungen wohl nur wenig zu tun. Gribkowsky qualifizierte er damals als einen ab, der bei den Formel-1-Rennen auf der ganzen Welt hauptsächlich als Saufkumpan seiner Exfrau Slavica fungiert habe.

Nach der Anklageerhebung kann es Monate dauern, bis das Gericht darüber entscheidet. Als sehr sicher gilt, dass es die Anklage zulassen wird. Dann verstreichen in der Regel erneut Monate bis zum Prozessbeginn. Zwischenzeitlich werden Ecclestones deutsche Anwälte alles unternehmen, um ein Verfahren zu verhindern. Sie argumentieren immer wieder, dass Gribkowskys Geständnis, welches Ecclestone massiv belastet, falsch gewesen sei. Der habe er all dies nur gesagt, um eine Strafminderung zu erreichen. Ein Verfahren gegen Ecclestone wäre ein Novum: Obwohl in der Welt des Sports immer wieder über Korruption geklagt wird, gab es bisher noch nie einen Gerichtsprozess gegen einen Hauptverantwortlichen. Auch ist unklar, inwieweit Ecclestone dann nach München gezwungen werden könnte und womöglich in U-Haft gesteckt würde.

Chef der Formel 1 wäre er dann sicher nicht mehr. Das weiß auch Ecclestone. Bei einer Anklage werde die CVC „wahrscheinlich gezwungen sein, mich loszuwerden, wenn die Deutschen mich holen“, sagte er Ende 2012. „Das ist ziemlich klar, wenn ich eingesperrt würde.“

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